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Eigentlich ist alles klar: „Nur ein Getränk, das von Früchten der Weinrebe stammt, darf die Handelsbezeichnung Wein (ohne weitere Erklärung) tragen.“ Und doch gibt es viele spezielle Weine , die gemäß dieser Definition keine Weine sein dürfen und doch fast immer als „Wein“ bezeichnet werden.

Für uns wohl am geläufigsten ist der Apfelwein, in China habe ich den Reiswein kennengelernt und jetzt in Kambodscha den Palmwein. Er ist sogar Kambodschas „inoffizielles“ Nationalgetränk und wird mit aller Selbstverständlichkeit als „Wein“ bezeichnet, Fruchtwein eben, um genau zu sein. In Vietnam – wo Reben wachsen – sind es vor allem die Maulbeeren, die in den Wein „geraten“. Und das steht in den meisten Fällen nicht einmal auf der Flasche oder nur im Kleingedruckten. Bleiben wir noch kurz beim Palmwein. Er ist nicht süß, wie man vermuten mag, gleicht eher – in der Nase – einem französischen Wermut (Noilly Prat), ist aber viel leichter, sogar fröhlicher, im Geschmack angenehm würzig, leicht bitterfruchtig, Feigen kommen mir in den Sinn, sogar Datteln, Erdnüsse – das alles aber nur in Spuren – eingebunden in einen leicht wermutähnlichen Saft, der weniger ausgeprägt ist als die meisten Aperos und nur elf Volumenprozent Alkohol hat. Natürlich gibt es auch den gebrannten Palmwein, meist mehrfach destilliert, den Arrak (in den verschiedensten Arten, aus Palmwein oder vergorener Reismaische), der aber ganz anders schmeckt.

Der Palmwein wird auch aromatisiert, mit natürlichen Früchten. Der beschriebene Wein – ein Aperoglas steht neben mir, um das mir bisher unbekannte Getränk von Zeit zu Zeit erneut zu verkosten – ist das „Original“, so also schmeckt Palmwein. Daneben gibt es den gleichen Wein mit Ingwer (Bezeichnung Ginger) und mit Ananas (Pineapple). Ich halte mich aber an das „Original“, das in Kambodscha auf den Straßen in Bambusbehältern angeboten wird.

 

Auf der Straße wird Palmwein (in Bambusbehältern) verkauft (Foto: P. Züllig)

Leider habe ich zu wenig Zeit gehabt, um die „Weinszene“ der Khmer genau zu studieren. Es soll sogar – doch niemand konnte Genaueres sagen – seit wenigen Jahren auch Reben geben in Kambodscha, aus denen Wein gemacht wird. Was es aber sicher gibt: Weinhändler und -produzenten in Kambodscha, die aber nicht hier produzieren. In Phnom Penh gibt es inzwischen sogar Weinlokale mit einer ansehnlichen Auswahl an Weinen (aus Frankreich, Australien und Chile).

In Vietnam aber gibt es „echten“ einheimischen Wein, den ich nun schon mehrmals getrunken habe. Zum ersten Mal ohne zu ahnen, dass darin noch Maulbeeren verarbeitet sind. Gestern nun habe ich zwei Weine miteinander verglichen, einen mit und einen ohne Maulbeeren. Um es vorweg zu nehmen: Der „echte“ Wein war echt besser. Doch der Reihe nach. Ich wurde in mehreren Foren gewarnt: „Beim Kauf von Da Lat-Wein sollte man darauf achten, dass auf dem Etikett der Vermerk ‘Export’ steht. Ansonsten ist der Flascheninhalt ein Gemisch aus Trauben- und Obstwein.“ Darauf habe ich geachtet und einen Export-Wein, Vang Dàlat, gekauft. Doch ich fand gestern den Vang Dàlat „Superior“, in dem ich Obstsäfte wähnte, weit besser als den reinen Export-Wein. Irgendwie war ich verunsichert, kann das sein? Heute die Überraschung, im Kleintext (mit der Lupe erspäht) steht da: „Blended from Cardinal grapes and  Dalat's Mulberry fruits.“

 

Vang Dàlat-Weine – mit und ohne Maulbeeren (Foto: P. Züllig)

Also doch! Der „reine Wein“ ist besser – zumindest für mein Geschmacksmuster – als der mit Maulbeeren angereicherte Wein (das Verhältnis ist leider nicht bekannt). Er ist auch deutlich dunkler, kräftiger, aromatischer. Gleicht eigentlich mehr einem Wein aus der „alten Weinwelt“. Ohne Kenntnisse der Herkunft würde ich ihn als angenehmen Tischwein bezeichnen, kein ausgeprägter Charakter, aber durchaus angenehm zu trinken. Es fehlt ihm etwas der Abgang, die Nachhaltigkeit. Er verflüchtigt sich rasch, zurück bleibt die Vorstellung der Exotik – ein Wein aus Vietnam, der durchaus trinkbar ist, wer hätte das gedacht. In den Foren, die ich vor der Reise konsultierte, wurde tüchtig „orakelt“: „…den Da Lat-Wein würde ich weglassen. Da ist keine einzige Weintraube drin. Er wird aus Maulbeeren hergestellt.“ Dies ist, wie ich nun erfahren habe, nur die halbe Wahrheit.

Also nun zum Maulbeerenwein. Ich glaube, es ist das, was ich auch in Vietnam getrunken habe, dort allerdings vermischt mit Shiraz. Inzwischen habe ich vom Palmwein zum Vang Dàlat gewechselt, sogar das Testerglas „les impitoyables“ hervorgeholt, und ich bin jetzt am Schnüffeln, Schnüffeln… So eindeutig sind die Aromen nicht, jedenfalls mir nicht so vertraut. Himbeere, mein erster Eindruck, also leicht süßlich, vor allem in der Nase. Am Gaumen wird die Süße gänzlich von einer etwas ätzenden Säure aufgehoben, da machen sich Weichselbeeren bemerkbar, Preiselbeeren, etwas Zimt. Das Ganze ist äußerst spannend, weil ungewohnt.

 

Zuckerpalmen% aus denen der Saft gewonnen wird. Der Stamm wird aufgeritzt% der Saft fließt heraus. (Foto: P. Züllig)

Allmählich begreife ich. Hier geht es nicht um Weinstile, um Weintechnik oder gar um europäische Weintradition. Zwar haben die Franzosen vor 1954 eine Elite-Weinkultur eingeführt, doch für die Vietnamesen war Wein bis vor gut zehn Jahren kaum erschwinglich. Nun aber baut sich so etwas auf wie eine eigene Weinkultur. Da geht es nicht um verfeinerte Geschmacksrichtungen, nicht um Imitation französischer Weine. Es geht um die Bedürfnisse und Geschmäcker der Vietnamesen. Ihnen scheint es weitgehend gleich zu sein, ob Tafeltrauben oder eben Maulbeeren zu Wein verarbeitet werden. Sie sind  – so sagt man – stärkere alkoholische Getränke gewohnt: Reisschnaps, Whisky, Wodka und hausgemachte Liköre. Vietnamesische Weine müssen nicht internationalen Standards genügen. Vorläufig wird vor allem für die Vietnamesen Wein produziert.

Natürlich gibt es auch den Versuch von Exportweinen. Die Thanhhung Group, Produzent meiner beiden Weine – die Flaschenreste von gestern sind inzwischen bald geleert – verkünden auf ihrer Website stolz (frei übersetzt): „Wenn es in Vietnam heute um Wein geht, dann kommt er von Vang Dàlat, der ältesten Weinmarke des Landes, in Dalat produziert, in einer Landschaft, wo heute Touristen wieder Erholung finden, und die Geburt des vietnamesischen Weins stattgefunden hat.“ Exportiert wird der Wein heute in einige Länder Asiens: Japan, Korea, China, Malaysia, Kambodscha...

 

Werbung für eine Wein-Bar in Hanoi (Foto: P. Züllig)

Stöbern wir nochmals in der Blogwelt. Da lese ich, notiert von einem Deutschen, der in Vietnam lebt: „Ich bewirte meine Gäste mit Da Lat-Weinen. Unser Favorit ist der Da Lat Wine Export, die Flasche für VND 49.000 (knapp 2 Euro). Die Maulbeeren geben dem Wein das Besondere!!?“

 

Herzlich
Ihr/Euer

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