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Le secret de Frére Nonenque - Cuvée aus Carignan% Grenache% Cinsault und Morastel

Jeder hat seine eigenen kleinen oder grösseren Geheimnisse. Nicht nur der Mensch, auch der Wein. Liebende sprechen von einem „süßen Geheimnis“, Ängstliche von „Leichen im Schrank“, Kriminalautoren jagen durch ihr Buch „einem dunklen Geheimnis“ nach, das es zu lösen gilt, Weinliebhaber glauben unverzagt an den „Geheimtipp“ (der längst nicht mehr geheim ist), Weingüter zitieren Salvador Dali, wenn sie ihre Weine vorstellen, und das Christentum sieht im Symbol von „Brot und Wein“ ein zentrales Geheimnis des Glaubens.

Tatsächlich hat jedes Weingebiet seine Geheimnisse, oft tief verankert in der Vergangenheit, geprägt von Mysterien, von Mystik und geheimnisumwobenen Legenden. Lange Zeit waren es vor allem Mönche, welche Reben kultivierten und Wein ausbauten, meist nach Rezepten, die ihr gut gehütetes Geheimnis waren und nicht selten mit dem Untergang der Köster verloren gingen. Bruder Nonenque war – der Überlieferung nach – ein klösterlicher Kellermeister im 15. Jahrhundert, der sein Geheimnis mit ins Grab genommen hat. Ob er wirklich in der „Abbaye de Valmagne“ im Languedoc gelebt hat, wie das Marketing des heutigen Weinguts im ehemaligen Zisterzienserkloster vorgibt, bleibt umstritten. Doch mit einem Wein, der den Namen „Le Secret de Frère Nonenque“ („Das Geheimnis des Bruders Nonenque“) trägt, soll le „Vin Mystère“ in die Ruinen des alten Klosters zurückkehren.

Abbaye Valmagne Languedoc - Grosse Holzfässer in der Kirche der früheren Abtei

Man hat auf dem Weingut – um die Tradition zu unterstreichen – eine alte, längst verschwundene Rebsorte wiede angepflanzt: Morastel. Und jetzt versucht man eine Rekonstruktion des alten „Rezepts“ mit einer Assemblage aus Carignan, Grenache, Cinsault und eben Morastel. Eigentlich ist dies nichts anderes als ein „vin de pays“ vom Hügeln „la Moure“, der sich nur durch das „Geheimnis“ der mönchischen Assemblage und der

Jacquez% verbotene Rebsorte in einem Lehrgarten in Faugères

Rebsorte „Morastel“ von andern Weinen der Gegend unterscheidet. Über die Rebsorte „Morastel“ (oft auch „Morrastel“ geschrieben) wird noch immer spekuliert. Der Name taucht in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen auf, auch bei einer jüngeren Neuzüchtung. Ist Morastel „nur“ ein in Frankreich gebräuchliches Synonym für die spanische Rebsorte „Graciano“ (ebenfalls lange Zeit am Aussterben) oder – wie Önologen auch behaupten - eine eigenständige Verwandte der „Graciano“? In französischen Blogs wird darüber diskutiert.

Dabei geht es – wie so oft – weniger um neue Geschmackserlebnisse, als vielmehr um das Bewahren von „Kulturgütern“ der Natur – und um den respektvollen Umgang mit Überlieferungen aus „alten Zeiten“.
In einem Lehr-Rebberg in Faugères (Languedoc) habe ich eine weitere verschollene Rebsorte entdeckt: „Jacquez“ – die Verbotene. Sie ist seit 1934 in Frankreich verboten, weil angeblich „das Methanol dieser Traube besonders giftig ist: Sie macht verrückt“,‘ sagt man hier im Süden. In der Ardèche soll es noch knapp 80 Hektar Reben mit „Jacquez“ geben – durch die EU vom Handel ausgeschlossen, aber geschützt und aufgenommen in die Liste jener natürlichen „Lebensmittel“, die erhalten werden sollen, als versunkenes Geheimnis der Natur.

Jacquez% die verbotene Traube

Ist das Mysterium Wein also nur eine Angelegenheit der Vergangenheit, des verlorenen Wissens? Ich glaube nicht! Was ist denn der sogenannte „Garagenwein“ im Bordelais anderes als ein modernes Mysterium, geschaffen in der „Garage“ einiger Winzer oder – noch besser – lanciert von ausgezeichneten Weinvermarktern. Der Begriff „Garage“ impliziert Verborgenheit, Geheimnis. Die Garage ist eine Werkstatt, belegt mit Berufsgeheimnissen. Jean-Luc Thunevin hat mit einer kleinen Parzelle begonnen – kleiner als eine Hektar – und in siebzehn Jahren das geschaffen, was man heute das „Geheimnis“ von Valandraud nennt oder etwas prosaischer ausgedrückt, Garagenwein. Robert Parker hat den außergewöhnlich cleveren Weinmacher als „Bad Boy“ bezeichnet. Jetzt, wo Valandraud mit gut 15 Hektaren Rebfläche längst kein „Garagenwein“ mehr ist – nur noch ein Grand Cru, der viel von seinen Geheimnissen verloren hat – gelingt es Jean-Luc Thunevin, ein neues Geheimnis zu schaffen, den „Bad Boy“. Eigentlich ein gewöhnlicher „Bordeaux AOC“, im unteren Segment der Bordeaux-Weine zuhause. Doch er überragt durch sein „Garagen-Geheimnis“, sein Mysterium, (und natürlich auch durch die damit verbundene Qualität) bereits heute die andern Weine im gleichen Preissegment.

"Chastanie" vom Weingut Bernthaler+Bernthaler% Burgenland

Das Mysterum Wein eine rein französische Angelegenheit? Natürlich nicht. Überall wo es Wein gibt, finden wir auch das, was der Franzose als „Vins Mystères“ bezeichnet, sei es auf Grund wieder entdeckter Überlieferungen oder auch neuer „Erfindungen“. Die ganze Bio-Welle, die längst auch beim Wein angekommen ist, beruht weitgehend auf erforschten und unerforschten, bewiesenen oder nur erahnten Geheimnissen der Natur. Da bin ich kürzlich im österreichischen Burgenland einem Wein begegnet, der sich „Chastanie“ nennt. Das Weingut Bernthaler+Bernthaler hat auf Bio-Produktion umgestellt und baut einen Teil seines Chardonnay jetzt in Barriques aus Kastanienholz aus. Eigentlich nichts Neues, denn lange Zeit war Kastanie, neben der Eiche, ein gebräuchliches Holz für den Fassbau, bis sich im 19. Jahrhundert dann die Eiche endgültig durchgesetzt hat. Seither prägen die Aromen, die mit der Lagerung von Wein in Eiche verbunden sind, das Geschmacksbild von Wein aus Barriques. Kastanienholz hat sich eigentlich nur für den Ausbau von Essig (zum Beispiel beim Balsamico) bis heute erhalten.

Die Brüder Bernthaler haben mit „Chastanie“ einen modernen Kultwein geschaffen

Durch die nicht mehr übliche Verbindung der Aromen eines Chardonnay mit jenen von Kastanienholz entsteht etwas, das mit dem gängigen Vokabular der Weinbeschreibung nur schwer auszudrücken ist; etwas Nichtalltägliches, Geheimnisvolles, Fremdes, eben ein „Mysterium“ Ich habe versucht, trotzdem in Worte zu fassen, was ich beim Verkosten empfunden habe: „cremig – Anklänge an Birnen, Haselnuss – prägnante, aber elegante Säure…“ Ist damit das „Geheimnis“ entschlüsselt? Ich glaube nicht. Für einmal muss ich – und es ist nicht das erste Mal – Salvador Dali recht geben, oft trinkt man eben nicht nur guten Wein, sondern „kostet Geheimnisse“.

Herzlich

Ihr/Euer

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