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Es sind natürlich weit mehr als nur zwei Italiener. Es sind in den vielen Jahren meiner „Weinkultur” doch einige geworden, die ich kenne und schätze. Verglichen aber mit den Franzosen, Spaniern, Österreichern, Deutschen, ja sogar mit den Schweizern sind es doch bescheiden wenige. Warum?

So lernte ich als Dreikäsehoch Wein kennen
Eigentlich gibt es dafür nur persönliche, eher kulturell verankerte Gründe, die offensichtlich tief in meiner Seele verwurzelt sind. Ich kann mir vorstellen, dass es andern Weinfreunden - mit anderen Ländern und Regionen - genau so geht. Doch die zwei Italiener sind bei mir „hängen” geblieben.

Dabei ist Italien das erste „fremde Land”, dem ich in meiner frühsten Jugend, ja Kindheit, begegnet bin. Luigi Perucini hat er geheißen: ein Italiener mit riesigem Schnauzer, radebrechendem Deutsch, lieben und freundlichen Augen. Er war Arbeiter auf dem Bau und scheinbar fast immer vergnügt. Er war so treuherzig, dass er sogar meiner skeptischen Großmutter die Dachmansarde abluchsen konnte, die jahrelang leer gestanden hatte. Dort lebte er allein mit sich, seinen Träumen von „Bella Italia” und dem Bemühen, ein guter Italiener in der Schweiz zu sein.

Ich begegnete ihm fast jeden Abend, wenn er vom Bau nach Hause kam. „Häsch es guet, Peterli?” So begrüsste er mich und ich, der kleine „Dreikäsehoch”, bekam ihn lieb. Er hatte immer einen leicht schmutzigen braunen Rucksack bei sich, aus dem eine dickbauchige Flasche schaute oder gar daran baumelte. Diese rundliche, mit Stroh umfasste, schwere Flasche war für mich der einzige fassbare Begriff für Wein. Chianti, wie ich später gelernt habe.

Lange Zeit, bis tief in meine Studentenjahre, beschränkte sich deshalb meine Weinvorliebe auf Chianti, es musste nicht einmal der „classico” sein, später waren es auch Barolo, Barbera, Montepulciano, Valpolicella und natürlich der Veltliner.

Dann aber verliebte ich mich in die Franzosen und ließ die Italiener schnöde im Süden liegen. Daran änderten auch meine Semester in Kunstgeschichte nichts, obwohl sie mich häufig nach Italien führten. Italien war und blieb für mich das Land der Kunst, Frankreich das Land der Weine. „Vin de Table”, die billigen, heute würde ich sagen: der „Fusel”.

Fahrt ins "Paese del Vino"

Italien wurde für mich erst lange nach dem „vergötterten” Bordelais wieder zu einem interessanteren Weinland. Lange habe ich geschlafen! Es waren nicht die teuren Sassicaia, Solaia und andere „Toskaner”, die mich geweckt haben. Es war vielmehr ein Weinhändler, der nicht nur Bordeaux anbietet, sondern - und dies weit differenzierter - eine Palette von guten Italienern. Inzwischen bin ich so weit, dass ich bei ihm ab und zu auf italienische Entdeckungsreisen gehe. Sie beginnen oft im Friaul, gehen über das Trentino zur Lombardei und zum Piemont, erobern das Barbaresco- und Barolo-Gebiet, erreichen endlich die Emilia-Romagna und die Toskana, dringen in Umbrien ein, verweilen im Latium, um in den Abruzzen, in Apulien und schließlich in Sizilien anzukommen.

Wow, ganz schön anstrengend! Und genussreich. Ich könnte über jede dieser imaginären Stationen berichten. Von den Mythen und Traditionen Siziliens, eingefangen in „Di More”, aus der Fattrie Azzolino, natürlich aus „Nero d’Avola”, doch vermählt mit ganz wenig vom weltgewandten Cabernet Sauvignon. Von der Toskana, der Heimat der Sangiovesetraube, von wo einst die billigen Chianti herkamen, die sich aber - zum Beispiel auf der Azienda Agraria Poggerino - zum eleganten „Chianti classico” gemausert haben. Vom Piemont, dem Barolo-Gebiet, südlich von Alba, wo auf der Azienda Vicivinicola Paolo Scavino ein ausgezeichneter „Barbera d’Alba” gekeltert wird, ohne Barriqueausbau, fruchtig und elegant. Vom Trentino, wo in der Nähe des Gardasees Paolo Cesconi einen Merlot produziert, der nicht im Holz erstickt wird, sondern die ganze Feinheit der Merlot-Traube ins Glas bringt. Vom Veneto, wo es unter den meist verschrieenen Valpolicellas auch echte Größen gibt.

Bekanntschaften aus Trentino% Toskana und Piemont

Zuerst hat sich meine Frau in den einen Italiener verliebt, in einen ordentlich beleibten, aber nicht unförmig dicken Amarone von Lucia Raimondi aus der Villa Monteleone. Es blieb nicht bei einem kleinen Flirt, daraus wurde eine dicke Freundschaft. Dieser konnten weder der weit vornehmere „Campo San Paolo”, ein Spitzen-Amarone vom gleichen Weingut, noch der etwas schlankere „San Rocchetto” von Luigi Lavarini gefährlich werden. Genauso wenig, wie all die anderen Amarone, die wir bisher verkostet haben - auch die viel, viel teureren nicht.

Da musste es ja soweit kommen, dass auch ich die Bekanntschaft, ja Freundschaft eines Italieners suchte, allerdings dauerte dies viel, viel länger. Vielleicht war es doch meine sonst immer geleugnete Parkergläubigkeit, die dann den Anstoß gab, denn Parker bezeichnete den „Vigna del Vassallo” vom Colle Picchioni als „Cheval blanc Italiens”, eine Bordeaux-Cuvée aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc, aber nicht aus dem Bordelais, sondern mitten aus Italien, aus dem Latium (Umgebung Rom). Auch daraus ist eine „wunderbare Freundschaft” geworden, mit der ich schon manchen meiner Bordeaux-Freunde genarrt habe. Als Trojanisches Pferd getarnt bringt er so manchen Bordeaux-Experten in Bedrängnis.

Zwei „kleine Italiener”, die unsere frankophile Weinseligkeit tüchtig durcheinander gewirbelt haben.

Zwei kleine Italiener
Ganz „klein” sind sie zwar nicht, die beiden Weine. Verglichen mit den Grossen Italiens sind sie aber bescheiden, unauffällig, dafür charmant und zuverlässig. Sie sind so viel wert, wie sie versprechen. In schnöden Zahlen ausgedrückt: der Amarone kostet (in der Schweiz) etwa 35 Euro, der italienische „Cheval Blanc” 22 Euro, alle übrigen erwähnten Weine zwischen 11 und 24 Euro.

Conny Froboess hat es gespürt, wenn sie in ihrem Gastarbeiterlied gesungen hat: „Eine Reise in den Süden ist für andre schick und fein doch zwei kleine Italiener möchten gern (bei mir!!!) zu Hause sein.” Conny wird mir diese kleine Ergänzung sicher verzeihen.


Herzlich
Ihr/Euer
Peter (Züllig)

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