wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Jahr für Jahr zieht es Millionen Urlauber südwärts, in warme, ja heiße Länder, an die brütende Hitze, zu den heißesten Stränden. Ein selbstgewähltes „Leiden” zieht mit: der stete Durst. Was kann der trinkfreudige Weinliebhaber da tun? Natürlich trinken. Aber was?

Der über alles geliebte Rotwein ist in dieser Hitze wohl kaum das Richtige, zudem ist der eigene Weinkeller zuhause geblieben. Eine gute Gelegenheit, Weine der Urlaubsgegend zu erforschen: an den italienischen Stränden den Lambrusco oder den Primitivo, in Griechenland natürlich den Retsina, in Spanien den Rioja, in Frankreich den Grenache oder den Cot. Aber halt: dies sind doch keine Sommerweine, viel zu „schwer” gegen den Durst.

Sommer% Urlaub% Strand. Hier am Mittelmeer


Während ich diese Kolumne schreibe - mit freiem Blick aufs Meer - ziehen die letzten Nachtschwärmer vorbei: „Olé, Olé, Olé, Olé...” Was hat wohl ihre Singfreude so beflügelt, den Wortschatz aber so drastisch reduziert? Wohl vor allem Bier. Tatsächlich ist für den Urlauber die Durstfrage - wo auch immer in der Welt - rasch einmal gelöst: Überall gibt es Bier, inzwischen auch auf Hawaii. Und die eingeschworenen deutschen Weinliebhaber bekommen auch fast überall ihren Riesling, vielleicht nicht ganz den allerbesten.

Für mich - ich gebe es zu - beginnt jetzt die Qual. Ich trinke kein Bier. Nicht aus Überzeugung, sondern weil ich es - oh Schande! - nicht gern habe, weil es mir nicht schmeckt. Und Weißwein trinke ich fast nur in homöopathischen Mengen.

Dabei wurde ich schon zu Hause, lange vor dem Strandleben gründlich durchschaut. Am Schluss der letzten Auktion vor der Sommerpause sagte der Leiter: „Trinken Sie auch im Urlaub einen guten Schluck Wein”. Dann aber fixierte er mich persönlich: „Und nicht nur Rosé!”

Natürlich bin ich leicht rosé angelaufen. Ich, der Bordeaux-Liebhaber, soll ein Rosé-Trinker sein? Wie kann der Auktionator meinen sonst so geheimen Sommerflirt kennen? Natürlich, er muss letztes Jahr meine Bekennerkolumne gelesen haben: „Liebeserklärung an den Rosé”.

Die Bemerkung eines bekannten Schweizer-Weinkritikers schießt mir durch den Kopf: „Bei Weinfreunden kann man mit den Provenienzen in Pink nur schwerlich punkten. Oder wurde schon einmal zu einer Vergleichsdegustation mit solchen Sommerweinen eingeladen?” Ich schäme mich, so bloßgestellt zu werden, in einer so weinbewussten Gesellschaft.

Da habe ich mir vorgenommen, vorsichtiger zu sein, auch wenn der Durst noch so groß sein sollte. Mit Wasser habe ich begonnen, mit Mineralwasser. Da offenbart sich schon die erster Schwierigkeit. Ein Riss geht durch unsere eheliche Beziehung: meine Frau liebt das Wasser „sans bulles”, also ohne Bläschen, ich aber mit.

 

 

Kir Royal im Promenaden-Café beim Beobachten der Menschen und Hunde

Doch nicht genug damit: sie liebt den sprudelnden Sekt, ich eher weniger. Doch in diesem Punkt haben wir uns geeinigt. Der Kellner in unserem Lieblingslokal, wo wir stundenlang die vorbeiziehenden Touristen begucken und allem auch ihre mitgeführten Hunde kommentieren, weiß Bescheid: „comme d’habitude” und bringt ohne zu fragen einen „Kir Royal”. Hoppla, jetzt habe ich wohl schon wieder einen „Tolken” im Reinheft eines Weintrinkers.

Es kommt noch viel schlimmer! Sobald die Sonne richtig brennt und nur das Meer noch Abkühlung bringen kann, da braucht auch mein Inneres etwas Kühles:
Frisch gewagt probiere ich es mit den aufreizend bunten, kaltgestellten Blechbüchsen: neuster Hit unter ihnen - direkt aus Amerika importiert - die schwarze Dose „Cola zero” - null Kalorien. Wieder denke ich an den Auktionator, der oft spottet, wenn ein kostbarer Wein irgendwohin abwandert, nach China, Japan oder gar Indien. „Wird wohl bald mit Coca-Cola verdünnt!”.

Ich jedenfalls probiere jetzt mit allen Farben und Aromen den quälenden Durst zu stillen. „Das meiste ist zu süß, gleicht eher einem Sirup, zeigt wenig Charakter und ist dünn und aussagelos.” Stop! Dies sind ja die Worte des Schweizer Weinkritikers für den Rosé.

Guter Rat ist teuer. „La canicule”, die Hundstage, wollen sich einfach nicht mit einem guten Tropfen verbinden. Auf dem riesigen Wochenmarkt werden nebst Holzuhren, Badetüchern, Tischdecken, Lederwaren, T-Shirts auch Getränke angeboten, natürlich auch Weine!

 

 

Auf dem Markt: Für Weindegustationen ist es zu heiß

 


„Möchten Sie probieren?” - „Danke, es ist zu heiß!”. Ich habe dann doch probiert, aber erst abends, zuhause, wenn der Durst nicht mehr so groß ist und die Dosenaromen verklungen sind.

Ein Blanquette von Limoux „Aimery Sieur d’Arques” mit prickelnden «Honigbläschen», leicht buttrig, mit  Röstnoten und einer bewundernswerten Länge. Oder aus dem Château du Mas Neuf, Costière-de-Nimes, ein Weisser: blumig, fruchtig, lebhaft, harmonisch, kurzum süffig. Ein eleganter, ausgewogener Südfranzose, mit leichten Gewürznoten, Lakritze, ja sogar Vanille. Und: von Saint-Christol aus der Domaine de la Coste-Moynier ein typischer «Terroirwein», zwar etwas schwer, dunkel, warm im Gaumen (bei dieser Wärme!), doch fruchtig, nuancenreich und angenehm. Schließlich „Les Collines” der Domaine Ollier-Taillefer, Faugères, aus Carignan, Syrah und Grenache, eingebettet in die typischen „Schieferaromen” dieser Appellation, sehr kurz vinifiziert, damit möglichst viel Frucht und möglichst weiche, sanfte Tannine im Wein vorherrschen.

 

 

 

Ein Kuriosum: Weißwein aus Faugères% einem typischen Rotweingebiet

Vom gleichen Weingut: „Cuvée Allégro”, ein Weißer aus einem typischen, fast ausschließlichen Rotweingebiet. Ein Kuriosum, vinifiziert aus den Trauben Roussanne und Vermentino, also aus einer französischen und einer italienischen Weißweintraube, mit einem an Veilchen erinnernden Bouquet, weich, zart und doch feurig.....

So geht es Abend für Abend weiter, fast immer mit einem neuen Weinerlebnis, immer mit viel Vergnügen nach dem grossen Durst. All diese Weine werden wohl kaum exportiert, werden nie Deutschland oder die Schweiz erreichen. Sie sind Produkte einer riesigen Weingegend. Entdeckt - nicht von mir (dafür ist es viel zu heiß!) - sondern von der Tageszeitung „Midi Libre”, die jeden Tag einen „vin d’été”, einen Sommerwein, vorstellt und dabei einen recht guten Geschmack und ausgezeichnete Wein-Kenntnisse verrät. Schließlich publiziert der gleiche Verlag ja auch die wichtigste Weinpublikation des Südens, „Terre de Vins”. Mir bleibt da nur eine kritische „Nagelprobe”: ist das wenig Bekannte auch wirklich gut? Es ist!
Damit wird mein Ruf als ernsthafter, seriöser Weinkenner wohl erneut in Frage gestellt. Was tut’s. Es ist eben so heiß, „la canicule”.

Herzlich
Ihr/Euer
Peter (Züllig)

 

 

Mehr verwandte Stories

Alle anzeigen
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER