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Zwei Jahre dauerte es bis alle Wunschkandidaten für diese Vergleichsverkostung legendärer Syrah aus der alten und der neuen Welt aufgetrieben werden konnten. Am Ende waren es dann sogar mehr, als wir vernünftigerweise probieren wollten, sodass nicht alle großen Namen zum Zuge kamen. Ziel dieser Degustation war keineswegs die Ermittlung des besten aller Syrah, geschweige denn eine Antwort auf die Frage, von welchem Kontinent die feinsten Weine dieser Edelsorte stammen. Beides wäre Unsinn gewesen. Uns war sehr wohl bewusst, dass wir hier Äpfel mit Birnen verglichen. Vielmehr ging es um den Vergleich verschiedenster Stilrichtungen auf allerhöchster Ebene.

Geladen hatte ein Erlanger Weinsammler, in dessen Garten sich die Schweizer und einheimischen Vollbluthedonisten bereits am Nachmittag einfanden. Mit was beginnt man nun eine solche Probe intelligenterweise an einem überaus sonnigen Junisamstagnachmittag? Richtig. Einem Portweinrätsel.

Erstaunlicherweise wurde der 97er Quinta do Noval sogar von einem der Teilnehmer erraten: Ausgesprochen dichtes, glänzendes Purpur. Rauchig-würziger Duft von Schwarzkirschen, sowie eingemachten roten und schwarzen Beeren, etwas Eichenholz mit dunklem Röstaroma, Gewürznelke, nach einiger Zeit auch Zwetschgen und florale Noten, im Hintergrund versteckte Mineralik. Außergewöhnlich lebendige, frisch-saftige Frucht, herrliche SSüße Aromen von Cocktailkirschen, roten Beeren, Zwetschgen und Minze, knackig und sehr rassig, rauchige Aromatik am Gaumen, präsentes, hochfeines Tannin, große Kraft und Tiefe, ätherische Noten im betörenden Nachhall. Bis 2035. 95 Punkte.

Die daraufhin nötige Erfrischung erfolgte in Gestalt eines 82er Krug Vintage und einer hübschen Portion Kaviar Beluga Imperial, für den auch meine fußkranke Großmutter selig ohne zu zögern an die Krim gepilgert wäre. Der Krug hingegen schien sich nicht in Bestform zu befinden und hätte selbige Dame kaum dazu veranlasst, von der Couch aufzustehen, zumal, wenn sie dafür den Musikantenstadl hätte für ein paar Sekunden aus den Augen lassen müssen.

Nun, so schlecht war er jedoch nicht. Die Einzelheiten: Hellgold mit feinster Perlage. Holzwürziger und immer noch leicht hefiger Duft von mehligen Äpfeln, etwas Zitrone, Austernschalen und Kräutern, intensiv und reif mit pflanzlichen und mineralischen Nuancen. Im Mund klare, herbe Frucht, feinsaftig, relativ zurückhaltende Säure, wieder pflanzlich und zitrusfruchtig, mineralische, fast rauchige Aromatik im Hintergrund, sehr trockener, abgeklärter Stil, anhaltend am Gaumen, jedoch ohne die gewohnte Rasse, Festigkeit und Spannung, dennoch harmonisch und sehr lang. Bis 2005. 88 Punkte.

Die Weigerung der strahlenden Nachmittagssonne, unterzugehen, gab dem Hausherrn Gelegenheit, ein wenig auf seinem Steckenpferd herumzureiten: den großen Weißweinen des Elsass.

Obwohl verdeckt serviert, hatte der 89er Gewürztraminer Clos Windsbuhl von Zind-Humbrecht keine Chance, seine Identität zu verbergen: Helles Gold mit Grünreflexen. Cremiger, intensiver und betörender Duft: eingekochte Pfirsiche, Mango, etwas grüne Frucht, dazu feinste Kräuter und getrocknete Rosenblüten, im Hintergrund mineralische Würze. Vollmundig und saftig, cremige Textur, herrliche, elegante Säure, mineralisches Rückgrat, fast rauchige Art am Gaumen, dicht und tiefgründig, große Kraft, ungeheuer nachhaltig, absolut harmonisch, enorme Länge. Ganz groß und der ideale Begleiter einer Perlhungalantine mit marinierten Peperoni, Zucchini, Champignons und Pfifferlingen. Bis 2010. 96 Punkte.

Zum Presskopf folgten zwei weitere Klassiker. Zunächst die 89er Cuvée Frederic Èmile Vendanges Tardives von Trimbach: Glänzendes Gelb-Grün. Zurückhaltender, „luftiger”, ausgesprochen mineralischer Duft von Kräutern, Zitrone und etwas weißem Pfirsich mit einem Hauch Grüner Spargel. Sehr saftig und satt im Mund, vollmundige, feincremige Frucht, zarte Süße, mineralische Würze, lebendig, dank perfekt eingebundener Säure, feinmineralisch auch am Gaumen, sehr nachhaltig, großartige Balance, allerfeinster Nachhall. Bis 2015. 93 Punkte.

Sein großer Bruder, der 89er Clos Ste. Hune Vendanges Tardives setzte erwartungsgemäß noch einen drauf: Cremiger, von intensiver mineralischer Würze getragener Duft von Pfirsichen und reifen Zitrusfrüchten mit zarten Kräuteraromen. Feste, saftige Frucht, intensiv mineralisch, eine Spur Kräuter, zurückhaltende, zart honigwürzige Süße, feinste Säure, tief und nachhaltig am Gaumen, sehr feste Struktur, es scheint, als wäre ein Teil der schönsten Aromen noch im Kern eingesperrt, wie Matrosen in einem havarierten U-Boot, große Präsenz und Rasse, erstaunlich frische Fruchtigkeit, perfekt balanciert, ewig lang. Ein zurecht legendärer Riesling, noch längst nicht auf dem Höhepunkt. 2005-2030. 95+ Punkte.

Es wurde Zeit, für das Hauptgericht ebenso, wie für den ersten Syrah des Abends. Der Grillant erklärte sowohl Lamm- als auch Rehrücken feierlich für verstorben, sodass sie sich widerstandslos tranchieren und auftragen ließen, wofür auch der Feigensalat dankbar war, der bereits begonnen hatte, sich zu langweilen. Dazu ein 98er Cote Rotie Cote Blonde von René Rostaign, blind serviert, den vorsichtshalber niemand erriet: Purpur mit minimaler Aufhellung. Jugendliche, tanninwürzige, ausgesprochen rotbeerige Nase, die mit der Zeit immer betörender wurde; zunehmend Aromen von Cocktailkirschen, getrockneten Blüten, Mineralien und etwas geröstetem Eichenholz. Setzt im Mund viel mehr auf Eleganz, denn auf Kraft: Feinfruchtig und geradlinig, sehr klare Frucht, kühler Stil, feinstes, präsentes Tannin, straffe Struktur, wirkt erheblich schlanker, als er ist, zartrauchige Note am Gaumen, sehr nachhaltig, fruchtiger und kühl holzwürziger Abgang. Braucht Zeit. 2005-2015. 91 Punkte.

In der nun folgende Pause fand das Abendrot Gelegenheit für eine Sondervorstellung, bevor es richtig ernst wurde. Die 18 Weine der offiziellen Verkostung wurden in Zweierflights geordnet. Diese wurden mit Namen versehen, die dem Gastgeber zweifellos spät nachts nach dem Genuss einer nicht unbeträchtlichen Anzahl großzügig dimensionierter Gläser Portwein in den Sinn gekommen waren (und daher auch in seiner Muttersprache gehalten sind). Die Flights wurden Blind serviert und direkt nach der Verkostung aufgedeckt, was kein Problem darstellte, da keiner der Verkoster über alle und die Meisten über gar keinen der angestellten Weine informiert waren. Um größere Verwirrungen zu vermeiden, wurden uns auch die Flightnamen erst nach Aufdeckung mitgeteilt. Lassen Sie mich also nun den Vorhang heben.

1.Akt: Underratet Authentics
1.) Ein kluger Teilnehmer tippte auf den 83er Hermitage von Jean-Louis Chave und brachte damit die Schweizer Mannschaft mit 0:2 in Führung (je ein Punkt für Jahrgang und Wein). Der englische Schiedsrichter lächelte, was gleich zu Beginn eine heftige Diskussion bezüglich dessen Unparteilichkeit unter den deutschen Spielern hervorrief. Die Wahrheit lag - wie immer - im Weine: Intensives, tiefes Bukett: Rauchiges Eichenholz, rote Beeren, Mineralien und Gewürze; sehr komplex. Saftig, rassig und wieder rauchig im Mund, vielschichtige Frucht, straff gewirkt und tiefgründig, hochfeines, reifes Tannin, lebendige Säure, große Nachhaltigkeit, komplexer Nachhall. Ein Klassiker im besten Alter. 94 Punkte.

2.) Ein Penfolds Grange, da war kein Zweifel möglich, nur der Jahrgang war nicht klar zu ermitteln. Es war ebenfalls ein 83er (1:2): Tiefer, überwältigender Duft von Zwetschgen, Kirschen, trockenen Blüten, etwas Rauch, Holz und Süßholz mit herrlichen Gewürzaromen. Sehr tiefe, dichte, konzentrierte Frucht, saftig, mit sehr präsentem, herbem Tannin, etwas Lakritz und Schweizer Kräuterzucker am Gaumen (eine Klage gegen die schweizerische Mannschaft bei der Dopingkommission ist anhängig), große Kraft und Komplexität, dabei voller Frucht, sehr präsent und unglaublich lang. Ein immer noch jugendliches Meisterwerk. 97 Punkte.

2.Akt: New World Dinosaurs
1.) Nicht umsonst besitzt Eric S. im Sturm der deutschen Mannschaft den Ruf einer sicheren Bank. Der kalifornische Orion Old Vines Rossi Vineyardvon Sean Thackery wurde - wenn auch ohne Jahrgang - gnadenlos enttarnt. Es war der 94er (2:2): Extrem parfümierter Duft von Nelken, Irisch Moos, Kräutern, roten Beeren, Holz, Eukalyptus und Lorbeer. Saftig-süße, vollmundige Frucht, wieder parfümiert, wenn auch weit weniger exotisch, als in der Nase, feines, reifes, sehr präsentes Tannin, den Mund auskleidend, enorme Kraft am Gaumen, ein Güterzug überrollt einen mit Karacho und weit und breit waren keine Schranken zu sehen, sehr saftiger, mittellanger Abgang. 90 Punkte.

2.) Der 94er Hill of Grace von Prue und Steven Henschke absolvierte den Parcours gänzlich unerkannt, aber deshalb kaum weniger bewundert: Enorm konzentrierte, süß holzwürzige Nase von roten Beeren, aber auch dunklem Obst, etwas Rumtopf, komplexe, betörende Würze mit floralen Aromen im Hintergrund. Auch im Mund von großer Konzentration und Dichte, straffe, saftige Frucht, ausgesprochen reintöniger Stil, hochfeines, präsentes Tannin, straff, mit schöner Säure, ungeheuer kraftvoll am Gaumen, große Präsenz und Länge. 96+ Punkte.

3. Akt: New Age Designer Wines
1.) Der 99er Muntada der Domaine Gauby war leider durch einen leichten Böckser beeinträchtigt. Dennoch ließ er bereits in der Nase seine außergewöhnliche Konzentration erkennen: schwarze und rote Beeren, feines, rauchiges Holz, mit der Zeit auch verbrannter Gummi. Sehr konzentriert und saftig auch im Mund, dabei von verhältnismäßig kühler Art, allerfeinstes Tannin, griffige Struktur, viel Kraft und Fett, sehr nachhaltig, beste Balance, große Länge. Schwer zu beurteilen, obwohl der Böckser an der Luft verfliegt. (93-95 Punkte).

2.) Ein Alleingang des Autors verhalf nun der deutschen Mannschaft zum 3:2. Der Fox Creek Reserve war schwer zu verkennen, nur der Jahrgang (der 98er) ließ sich für mich wieder einmal nicht sicher ermitteln: Ungeheuer dichter, fleischiger Duft von eingedickten, vollreifen Zwetschgen, roten und schwarzen Beeren, feinem Holz, sowie Spuren von Jod und Lakritze. Hochkonzentriert und saftig, tiefe, vollmundige, dunkle Frucht, satt, feinstes Tannin, sehr schöne Säure, etwas Holz im Hintergrund, beste Balance, sehr lang. 95 Punkte.

4. Akt: The Intellectuals
1.) Sofort wird nachgesetzt! Kein Zweifel, dies war der 89er Hermitage La Chapelle von Paul Jaboulet: Zunächst ein deutlicher Kellergout, der jedoch bald verfliegt, dann rote Beeren und getrocknete Tomaten, Eichenholz, leicht oxydativ, aber sehr dicht und intensiv. Saftig, dicht und würzig im Mund, feines, reifes, recht weiches Tannin, zartrauchig im Hintergrund, mineralische Note, sehr schöne Frucht, auch wieder etwas Tomate, griffig und sehr nachhaltig am Gaumen, leicht oxydativer Touch, große Länge. 93 Punkte. 5:2!

2.) Der Anschlusstreffer der Schweizer: 5:3 dank einem einwandfrei, wenn auch ohne Jahrgang, identifizierten 89er Cote Rotie La Landonne des Hauses Etienne Guigal: Saftig-würzige Nase von roten Beeren, rauchigem Eichenholz und Teer mit animalischen und ganz leicht laktischen Noten und dunkler Röstaromatik. Saftige Frucht mit sehr präsentem, feinem, noch etwas trocknendem Tannin, dahinter sehr schöne Frucht, gute Säure, leichte Kräuterwürze im Hintergrund, ausgesprochen Nachhaltig, gute, aber nicht große Länge. 94 Punkte. Nach Auskunft des Trefferschützen war eine früher verkostete Flasche in noch beeindruckenderem Zustand.

5.Akt: Indestruktable Classics
1.) „Jaaaaa, ein Grange!” hallt der Ruf durchs ausverkaufte Bubenreuth-Stadion. Gleichzeitig wird der Wein von beiden Parteien erkannt, wenngleich man sich auch nicht auf einen Jahrgang einigen kann. Dieser 90er verdeutlicht uns eindrucksvoll, warum der Name Penfolds Grange BIN 95 für einen der ganz großen Weine dieser Welt steht (6:4): Ungeheuer feine, ja subtile und doch faszinierend tiefgründige Nase: rote und schwarze Beeren, Kirschen, zartrauchiges Eichenholz, Eukalyptus, Dörrfrüchte und komplexe Gewürzaromen mit zart oxydativen Noten. Beeindruckende, saftige, dabei kühle und subtil würzige Frucht, enorme Tiefe und Präsenz, grandioses Tannin (gibt es stählerne Seide?), herrliche, beerige Fruchtigkeit am Gaumen, besitzt Rasse und Stil, perfekt gebaut, große Länge. 97+ Punkte.

2.) Es folgte ein Klassiker, der dem deutschen Team quasi aus dem Ärmel 2 Punkte bescherte (8:4). 1990 Hermitage La Chapelle, Paul Jaboulet: Dosentomaten! Kein großer La Chapelle kommt ohne sie aus. Dazu kalter Rauch, Suppengemüse, Fleischbrühe, dunkles Holz, rote Beeren, Zwetschgen, Kräuter und frischer Tabak. Sehr fest und sehr dicht, saftige Frucht, hochfeines, präsentes Tannin, wirkt verschlossen wie Fort Knox an einem Dienstag im August, feinherbe Tabaknote am Gaumen, ganz leicht oxydativ, tiefgründig, viel Druck am Gaumen, der auf enorme Konzentration hinweist, mineralisch im Hintergrund, große Länge. Braucht noch eine Ewigkeit. 93 Punkte als erstes Gebot, der Zuschlag erfolgt wohl auf deutlich höherem Niveau.

6. Akt: Les Mono-Cépagistes
1.) Man muss ihn nur ein einziges Mal verkosten, um ihn immer wiederzuerkennen, den Duck Muck von Wild Duck Creek aus dem Australischen Heathcote. Leider kannte ihn vor dieser Probe keiner der Teilnehmer: Bereits im Duft von blasphemischer Süße, überbordend, rote und schwarze Früchte, Kräuter, Alkohol und ein botanischer Garten an Aromen, der jedem Gläubigen per jeweiligem Gott vorenthalten würde. Sehr saftig, sehr vollmundig und sehr, sehr, sehr (noch eines? Unbedingt:), sehr süß, ausgesprochen feines, reifes Tannin, zartrauchige Eichenholznote im Hintergrund, frische Säure, überraschend straff am Gaumen, große Kraft, alkoholstark, perfektes Winedesign, es fehlt mir nur etwas an Charakter, lang. 93 Punkte.

2.) Ein weiterer unverwechselbarer Wein ist der 95er Ermitage Le Pavillon von Chaputier (10:4): Zunächst ausgesprochen süße rote Beeren in der Nase, dann zunehmend in Richtung Waldbeeren tendierend, Noten von Pfeffer, Wachholder und Provence-Gewürzen, große Rasse. Saftige, ausgesprochen reintönige Frucht, sehr fest strukturiert, kühler Stil, geradlinig, straff gewirkt und sehr rassig, erstklassiges, hochfeines Tannin, Wachholdernoten am Gaumen, nachhaltig, perfekte Balance, sehr langer, saftiger Abgang. 95+ Punkte.

7. Akt: The Spice Girls
1.) Mehr oder weniger als Pirat fungierte Helen Turleys 96er Petite Sirah Hayne Vineyard, der folgerichtig auch von niemandem erkannt wurde: Vollkommen verschlossen wirkende Nase: Gras und Kräuter, dahinter eingemachte schwarze und rote Früchte, mit dunkel-rauchigem Holzaroma. Ultrakonzentriert und extrem dicht im Mund, sehr festes, rassiges Tannin, viel Kraft und spürbarer Alkohol, würziges Eichenholzaroma am Gaumen, im Moment absolut unnahbar, langer, würziger Abgang. King Kong mit Depressionen. 94-97 Punkte.

2.) Das konnte doch nicht schon wieder ein Chaputier sein? Doch, doch. Es war der 96er Ermitage L’Ermite, die neue Spitzencuvée des Hauses: Ungeheuer beeindruckender Duft: süßes Holz, saftige, rote und etwas schwarze Beeren, Mineralien und süßer Rauch. Herrlich rassige Frucht, voller Saft und Kraft, lebendige Säure und straffes Tannin, rauchige Note, mineralisch, sehr präsent am Gaumen, packend, von vibrierender Struktur, sehr, sehr lang. Großartig! 96+ Punkte.

8. Akt: The Big Hitters
1.) Ein Punkt für die Schweiz. Der 95er Greenock Creek Barossa Shiraz Roennefeldt Road bewies eindrücklich, warum so viel Aufhebens um diese Lage gemacht wird: Betörender, sehr eindringlicher Duft von Lack, roten und schwarzen Beeren, Eichenholz und etwas Alkohol. Enorme Konzentration im Mund, rassige, schwarzbeerige Frucht, lebendige Säure, straffes Tannin, wirkt trotz der gewaltigen Kraft keineswegs plump oder breit, größte Nachhaltigkeit am Gaumen, packend, geradezu zwingende Präsenz, rauchiges Holz im Hintergrund, größte Länge. Der Traum eines jeden Anästhesisten. 97 Punkte.

2.) Und einer fürs deutsche Team. Der 96er The Malcolm Barossa Shiraz von Magpie präsentierte sich wie erwartet: Eindringlicher Duft: Vanille und dunkle Röstnoten, Brotrinde, Rohöl, Lakritz, Eichenholz, Rosinen, Kräuter, Schokolade und reichlich Alkohol. Saftig, voll und sehr süß im Mund, viel Holz, enorme Kraft, fett und alkoholstark, die Tannine benehmen sich noch ein wenig wie die betrunkenen Teilnehmer einer Karnevalssitzung, sehr würzig, große Nachhaltigkeit am Gaumen, viel süße Frucht im langen Nachhall. Man hat unweigerlich das Gefühl, von etwas Verbotenem zu naschen. 94 Punkte.

9. Akt: Drinkable Perfume
1.) Ein dicker Treffer zum 10:7 für die Schweizer. Auch den 95er Hermitage Cuvée Cathelin von J.L. Chave dürfte man, einmal gekostet, unter Tausenden von Weinen wiedererkennen: Subtilste, betörende Traumnase: Zwetschgen und rote Beeren, Pfeffer, rauchiges Eichenholz und Mineralien, sehr fein und sehr rassig. Glockenklare, rassige, burgundische Frucht, enorme Tiefe und Rasse, lebendige Säure, straff gewirkt und von allerfeinstem Tannin fest verschnürt, zart adstringierend, wirkt noch sehr verschlossen, rauchig und mineralisch am Gaumen, dahinter wieder reinste Frucht, große Präsenz, ewig langer, rauchig-mineralischer und straff fruchtiger Nachhall. 98 Punkte.

2.) Der letzte Syrah des Abends kam wieder aus dem Australischen Barossa Valley. Es war der in einer lächerlichen Menge von 780 Flaschen aufgelegte 95er three rivers von Chris Ringland. Die Flasche wurde von Vietnamesischen Koks-Piraten unter Einsatz ihres Lebens erbeutet und über dunkelste Kanäle nach Erlangen geschleust: Extrem tiefe, süße und konzentrierte Nase: Dörrfrüchte, Rumtopf, Kirschen, Zwetschgen und rote Beeren, edles Holz mit feiner Röstnote, Schweizer Kräuterzucker (Aha! Also doch!) und etwas Alkohol. Sehr feste, vollmundige Frucht, saftig und „süß”, lebendige Säure, zartrauchig, feinstes, präsentes Tannin, tiefgründig und ungemein nachhaltig am Gaumen, packend, feinste Würze im Hintergrund, komplex, beste Balance, umwerfende Länge. 98 Punkte.

Es gelang der unter schärfstem Dopingverdacht stehenden Schweizer Mannschaft also trotz einer rasanten Aufholjagd nicht, uns den Sieg noch streitig zu machen. Diese Genugtuung stimmte milde, weshalb wir die Gäste gnädigerweise an unserer Siegesfeier teilhaben ließen.

Zu süßen Momenten gehören süße Weine und Folgende wurden der Reihe nach aufgetragen:

1990 Quarts de Chaume, Domaine des Baumard
Süßer, saftiger und sehr rauchiger Duft von Eichenholz, Bananen, Mineralien, Spargel und etwas Schweiß. Cremige, ausgesprochen saftige Frucht, Karamellaroma, schöne Säure und feine Holzwürze, sahnig-würziger Geschmack am Gaumen, sehr nachhaltig, wirkt noch jung, große Länge. 94 Punkte.

1995 Ruster Ausbruch Essenz, Feiler-Artinger
Sagenhaft tiefgründiger Duft von Wachs, Honig, Aprikosen und Pfirsichen mit intensiver Mineralik. Cremiger Geschmack, extrem konzentrierte Frucht mit enormer, allerfeinster Süße, komplex und tiefgründig am Gaumen, wieder eine Spur Wachs, beste Balance, sehr lang. 96 Punkte.

1993 Tokaji Aszuessencia, Uri Borok
Herrlicher Duft von angegrillter Aprikose, Karamell, sowie Spuren von Kaffee und Wachs. Weiche, würzige Frucht, saftig, Noten von Brotrinde und Malz, hübsche Säure, am Gaumen rauchig, wirkt alles in allem ein wenig unbeteiligt, man kommt sich vor wie ein ungebetener Besucher im Atelier eines ebenso genialen, wie menschenverachtenden Künstlers, der alle Fragen, die ihm gestellt werden, mit einem desinteressierten Blick in irgendeine andere Richtung quittiert, erst im unendlichen Abgang zeigt sich die wahre Größe. Braucht Zeit. 97 Punkte.

1996 Kiedricher Gräfenberg Riesling Trockenbeerenauslese, Robert Weil
Dieses Aroma erschüttert einen bis ins Mark: Cremiger Duft von Karamell, Dörraprikosen, angerösteten gelben Früchten, Wachs und Mineralien in einer hypnotisierenden Intensität und Feinheit. Wieder sehr cremig im Mund, dabei brillant fruchtig, außergewöhnlich präsent und spannungsgeladen, funkelnde Säure, größte denkbare Rasse am Gaumen, dicht und tiefgründig, zieht einen völlig in seinen Bann, Karamell und etwas Toast im ewigen Nachhall. 99+ Punkte.

1994 Weißer Burgunder Trockenbeerenauslese, Zehnthof / Theo Luckert
Süßer, cremig-würziger Duft von eingemachten Aprikosen, etwas Rauch und Honig. Fett und cremig im Mund, saftige Frucht mit schöner Süße, sehr gute Säure, kräftiger Körper mit mineralischer Struktur, fest gewirkt und nachhaltig am Gaumen, Noten von Karamell, etwas Eichenholz und Zwetschgen, beste Balance, große Länge. 93 Punkte.

Zum Ausklang der Nacht gab es die üblichen Verbrüderungsszenen und die Vorfreude auf ein baldiges Wiedersehen in der Schweiz.

Da gewinnen wir dann mit mindestens 5 Punkten Vorsprung.

Ganz bestimmt.

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