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Die Rotweine Südtirols hatten lange Zeit einen schweren Stand unter den anspruchsvolleren Weinliebhabern. In den Jahrzehnten der Massenproduktion in den 70er und 80er Jahren gab es nur wenige Produzenten in Südtirol mit dem nötigen Willen und Ehrgeiz zur Erzeugung

Alois Lageder (Quelle: A. Lageder)

hochwertiger Rotweine. Dünne, schnell zu konsumierende Vernatsch einfachster Qualität aus enormen Erträgen prägten das Bild, und auch der Lagrein wurde meist als roséfarbener “Kretzer” angeboten.

Als Pioniere wie Alois Lageder in den Achtzigern begannen, mit Barriques zu experimentieren, um deutlich ernsthaftere Weine zu produzieren, geschah dies zunächst vor allem mit den Bordeaux-Sorten Cabernet Sauvignon und Merlot. Bald wurde allerdings klar, dass auch der eher rustikale Lagrein von einem Feinschliff im Barrique profitieren konnte. So begann ein langsamer, aber stetiger Aufstieg Südtirols zur ernstzunehmenden Rotwein-Region – der auch nach 25 Jahren sicher nicht zu Ende ist.

Die rote Hauptsorte war und ist jedoch der Vernatsch. Rund 80 Prozent der gesamten Rotweinfläche Südtirols sind mit den Spielarten dieser Sorte bepflanzt, die aufgrund ihrer Tannin- und Säurearmut sowie ihrer hellen Farbe bis heute unterschätzt wird. Für die Erzeugung von international konkurrenzfähigen Spitzenweinen fehlt es dem Vernatsch letztendlich doch ein wenig an der nötigen Struktur, aber die Sorte ist sehr wohl in der Lage, feine, höchst animierende Weine zu ergeben, die es in Sachen Komplexität und Länge durchaus mit erheblich angeseheneren Gewächsen aufnehmen können.

 

Blick vom Sant Justina am Ritten auf Bozen und den Magdalena-Hügel (Quelle: EOS-Export Organisation Südtirol)

Viele Produzenten haben heute den Ehrgeiz, aus ihren Vernatsch hochklassige Weine zu keltern. Das gilt vor allem in den Unterzonen Kalterersee und St. Magdalener, die für gänzlich unterschiedliche Vernatsch-Interpretationen stehen. Während man am Kalterersee besonders feine und elegante Weine erzeugt, gehören die St. Magdalener zu den kräftigsten aller Vernatsch-Variationen. Hier ist nicht nur der Anteil des eigentlich überall in kleinen Mengen im Verschnitt erlaubten Lagrein wesentlich häufiger und stärker zu spüren. Nicht selten weisen die St. Magdalener sogar einen leichten Holzton auf, auf den man andernorts meist verzichtet - zumal am Kalterersee, wo das Holz dem filigranen Gleichgewicht meist eher im Weg stehen würde. Einige der bedeutendsten Vertreter der Vernatsch-Famile entstehen jedoch auch von privilegierten Lagen in anderen Regionen Südtirols. Das prominenteste Beispiel ist hier sicher der fast schon legendäre “Gschleier” der Kellerei Girlan, von dem man selbst 20 bis 30 Jahre alte Exemplare noch mit Genuss trinken kann. Auch der Meraner “Schickenburg”, den wir für unser Weihnachts-Verkostungspaket ausgewählt haben, gehört zum besten, was man heute aus Vernatsch bekommen kann.

Der Unterschied des Vernatsch zur zweiten autochthonen Südtiroler Rotweinsorte, dem Lagrein, könnte kaum größer sein. Obwohl ein Elternteil des Lagrein nachweislich der Edelvernatsch ist, hat sich in der Kreuzung doch weit mehr der Teroldego durchgesetzt, eine tanninreiche Trentiner Rebsorte, die ausgesprochen dunkle Weine ergibt. Wie schon erwähnt,

Traditionelle Pergelanlagen bei Girlan (Quelle: EOS-Export Organisation Südtirol)

war der Lagrein lange Zeit vor allem als Rosé-Version unter dem Namen Kretzer beliebt, während die rote Version als recht bäuerlich galt. Erst die moderne Kellertechnik, vor allem der Ausbau in kleinen Holzfässern, gab den Weinen mehr Schliff und Klasse.

Wie nahezu überall in Europa neigte man allerdings auch in Südtirol anfangs häufig zum Übertreiben mit dem neuen Holz. Viele Weine entwickelten sich weit weniger harmonisch als erhofft. Inzwischen gehen die besten Produzenten allerdings wesentlich gewissenhafter mit dem neuen Holz um. Von guten Lagen gelingen ihnen inzwischen höchst anspruchsvolle Rotweine, und selbst die Basisversionen verfügen heute über erheblich mehr Schliff und animierende Art als früher. Als beste Herkunft gelten nach wie vor die Weinberge des Bozner Ortsteils Gries. Allerdings scheint man diesem Umstand in den Kellern der dort begüterten Erzeuger manchmal mit ganz besonderem Einsatz Rechnung tragen zu wollen, was auch heute noch in einzelnen Fällen zu etwas überzogen wirkenden, fast übermächtigen Tropfen führen kann. Die Entwicklung geht jedoch auch hier offenbar zunehmend in Richtung feinerer Exemplare.

Nicht unerhebliche Bedeutung hat der Lagrein auch als Verschnittpartner. Viele der besten Rotweine Südtirols sind Verschnitte von Lagrein mit anderen, meist französischen Rebsorten. Auch wenn einige der erfolgreichsten roten Südtiroler zu Beginn der Qualitäts-Renaissance Mitte der 80er und Anfang der 90er Jahre reinsortig vinifizierte Cabernets oder auch Merlots waren, erkannte man doch schnell, dass die Assemblage in den meisten Fällen die interessanteren Ergebnisse bringt – und dass sich der Lagrein bestens als Partner für die Bordeaux-Sorten eignet, unter denen in geringerem Umfang auch Cabernet Franc und sogar Petit Verdot Einzug hielten. Viele Produzenten verzichten allerdings auch vollständig auf einheimische Sorten im Verschnitt ihrer besten Cuvées und verlassen sich entweder ganz auf Bordeaux-Varietäten oder greifen zusätzlich noch auf für Südtirol ziemlich exotische Sorten wie Syrah oder gar Tempranillo zurück. Und das mit Erfolg: Manincors “Cassiano” jedenfalls verbindet alle diese Sorten meisterlich. Doch auch die klassische Cuvée aus Cabernet und Merlot kann exzellent ausfallen, wie das etwa der “Riserva Rossa” der Kellerei Girlan beweist, den wir ebenfalls in unsere Weihnachtskiste packen.

 

Südtirol – Sonnenhänge bei Meran (Quelle: EOS - Esport Organisation Südtirol)

Relativ große Aufmerksamkeit in Sudtirol erhält in letzter Zeit der Blauburgunder, was wohl nicht zuletzt an den seit 1999 jährlich durchgeführten Blauburgundertagen liegt, an denen sich die besten Pinot Noirs Italiens einer Vergleichsprobe unterziehen, bevor sich dann die besten von ihnen - unter internationaler Konkurrenz – einem breiten Publikum stellen. Wohl kaum eine andere Sorte im Gebiet ist so sehr auf erstklassige Lagen angewiesen, um zu zeigen, was sie kann. Nach wie vor entstehen aus Blauburgunder auch in Südtirol viele weiche bis mollige, kräftige, betont schmelzige Weine, welche eben die Feinheiten ein wenig vermissen lassen, die den Pinot Noir erst ausmachen. Die positive Entwicklung der letzten Jahre ist jedoch nicht zu übersehen. Vor allem im Unterland zwischen Auer, Montan und Neumarkt, aber auch in Girlan oder im Eisacktal gelingen auffällig oft bemerkenswerte Weine. Doch die Entwicklung dürfte gerade beim Südtiroler Blauburgunder noch längst nicht zu Ende sein.

BEST OF Rote Südtiroler - Tiroler Sorten schärfen Profil

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