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Im Süden Frankreichs erstreckt sich an der Mittelmeerküste zwischen Collioure und Nîmes das ausgedehnte Weinanbaugebiet Languedoc-Roussillon. Dessen größerer, nordöstlicher Teil, das Languedoc, hat seit Anfang 2011 eine neue Wein-Klassifikation, die der Berufsverband für Languedoc-Weine CIVL (Conseil Interprofessionnel des Vins du Languedoc) ins Leben gerufen hat. Der Grundstein für diese neue dreistufige Hierarchie wurde bereits im Jahr 2007 gelegt, als die Appellation Coteaux du Languedoc in Languedoc AOC umbenannt wurde.

 

© CIVL

Rebsorten im Languedoc

Die AOC Languedoc umfasst 38.000 Hektar Rebfläche, die sich über die drei Départements Aude, Gard und Hérault verteilen und bis ins Département Pyrénées-Orientales hineinreicht. Im Jahr 2009 lag die Erntemenge der Region bei 1,25 Millionen Hektoliter, wobei der durchschnittliche Ertrag von 33 Hektolitern pro Hektar einer der niedrigsten in ganz Frankreich ist. Das Languedoc ist bekannt für meist kraftvolle und würzige Rot-, Rosé- und Weißweine, die vielfach aus autochthonen Rebsorten hergestellt werden. Die wichtigsten roten Sorten sind Carignan, Grenache, Cinsault, Mourvèdre, Syrah, Cabernet Sauvignon, Malbec (Cot) sowie Fer Servadou und Lledonner Pelut. Als weiße Sorten werden vor allem Clairette, Grenache Blanc, Roussanne, Marsanne, Mauzac, Piquepoul Blanc, Rolle (Vermentino), Macabeu, Bourboulenc sowie Muscat, Chenin Blanc und Chardonnay angebaut.

Die AOC-Weine können aus einer oder mehreren Rebsorten erzeugt werden. Im letzteren Fall werden die Trauben meistens nach Sorte und gegebenenfalls auch nach Herkunft getrennt vinifiziert, bevor sie durch Assemblage der Weine zu einer endgültigen Cuvée zusammengeführt werden. Mit 19 Prozent der Absatzmenge und 15 Prozent des Umsatzes war Deutschland im Jahr 2010 größter Abnehmer von Languedoc-Weinen.

 

© CIVL / Céline & Gilles Deschamps

Boden- und Klimaverhältnisse in den AOCs

#GLOSSAR:,Cabardès,Blanquette de Limoux,Clairette du Languedoc,Corbières,Corbières-Boutenac,Crémant de Limoux,Faugères,Limoux,Malepère,Minervois,Minervois la Livinière,Muscat de Frontignan,Muscat de Lunel,Muscat de Mireval,Muscat de Saint-Jean de Minervois,Saint-Chinian,Saint-Chinian Berlou,Saint-Chinian Roquebrun#Neben der übergreifenden “Super-Appellation” Languedoc AOC umfasst die Region 18 weitere Einzel-AOCs (siehe Kasten rechts): elf für Stillweine, vier für Süßweine und drei für Schaumweine. Darüber hinaus zählen die Enklaven Fitou und Clairette de Bellegarde zur Region. Mit seinen zahlreichen Appellationen verfügt das Languedoc über eine große Vielfalt an Terroirs, denn die Klima- und Bodenverhältnisse bergen erhebliche Unterschiede zwischen den kargen Ausläufern der Pyrenäen und des Zentralmassivs sowie den Ebenen und sanften Hängen an der Mittelmeerküste. Im südlichen Languedoc weht eine feuchte Meeresbrise, die man mitunter in den Weinen wiederzufinden glaubt. Das gebirgige Hinterland ist von Blumen- und Kräuterwiesen (der Garrigue) geprägt, die den Trauben, die hier auf kalkhaltigen Böden wachsen, eine besondere Würze mitgeben. Außer Kalk finden sich je nach Appellation in den Böden des Languedoc Kiesel, Sandstein und Mergel, Ton und Schiefer sowie Sand und Molasse.

Da das Languedoc eine der südlichsten Regionen ganz Frankreichs ist, herrscht hier hauptsächlich mediterranes Klima: Frühling und Herbst sind gemäßigt, der Sommer ist sehr warm und trocken, der Winter mild mit Temperaturen, die selten unter den Gefrierpunkt sinken. Die Niederschlagsmengen sind sehr gering, und die Tramontane, ein starker, kalter, trockener Fallwind, der meist aus dem Nordwesten weht, trocknet die Rebstöcke und schützt sie so vor Krankheiten. Im äußersten Westen des Languedoc, besonders in den AOCs Cabardès und Malepère, sorgt das Aufeinandertreffen von Atlantik- und Mittelmeerklima für etwas mehr Feuchtigkeit, aber dennoch ebenfalls viel Wärme.

 

© CIVL / Céline & Gilles Deschamps

Auf dem Weg zur Qualität

Weinbau kennt das Languedoc bereits seit griechischer und römischer Zeit; die Anfänge reichen bis ins 5. Jahrhundert v.Chr. zurück. Wesentliche Impulse erfuhr die Weinwirtschaft durch den Bau des Canal du Midi zwischen Toulouse und dem Mittelmeer Mitte des 17. Jahrhunderts sowie durch die Entwicklung der Eisenbahn Ende des 19. Jahrhunderts. Nach dem Einfall der Reblaus ab 1868 und einer wirtschaftlichen Krise Anfang des 20. Jahrhunderts brachte das Jahr 1910 einen Neuanfang, als Maßnahmen erlassen wurden, die die Weinqualität sichern und vor Überproduktion und Betrügereien schützen sollten. Dennoch hatte die Weinregion Languedoc noch bis Ende der 1970er Jahre einen eher schlechten Ruf.

Ab 1975 wurden die einzelnen Terroirs im Languedoc näher untersucht und charakterisiert, zudem wurden Forschungen zur Pflege der Weinstöcke, zur Ertragsbegrenzung und zur Weinerzeugung angestellt. So konnten für jeden Bodentyp (Sandstein, Schiefer, Kalk) unter Berücksichtigung von Faktoren wie Wasserhaushalt oder Wurzelmorphologie die jeweils am besten geeigneten Reben ermittelt werden. Seitdem wurden im großem Umfang Rebflächen gerodet, der Anbau der traditionellen Rebsorten (z.B. Cinsault, Clairette, Bourboulenc) optimiert und typisch mediterrane Rebsorten (z.B. Syrah, Grenache, Mourvèdre) kultiviert.

Der 1994 gegründete Berufsverband CIVL hat eine Qualitätsstrategie entwickelt, die die Weine der Languedoc-Appellationen (und somit Terroirs) strukturiert, “mit dem Hauptziel, dem Verbraucher einen besseren Überblick zu vermitteln”, wie es auf der Internetseite des Verbands heißt. Ein erster wesentlicher Meilenstein dieser Strategie war die Einführung der Regional-Appellation Languedoc AOC im Jahr 2007, die die bis dahin gültige Appellation Coteaux du Languedoc ersetzte. Diesen Schritt betrachtet der CIVL als Voraussetzung für “die qualitative Neuordnung der anderen Appellationen, um [...] eine bessere Kennzeichnung für den Verbraucher zu gewährleisten”.

 

© CIVL / Céline & Gilles Deschamps

Neue dreistufige Hierarchie

Aufbauend auf der Languedoc AOC als “Referenzbasis” hat der CIVL eine neue Klassifikation für die Weine der Region ausgearbeitet, die 2010 genehmigt wurde und 2011 in Kraft getreten ist. Diese neue, pyramidenförmige Hierarchie soll nach Angaben des Verbands die Appellationen weiter aufwerten und den Export der Weine steigern. Die drei Qualitätsstufen für Languedoc-Weine gemäß dem neuen System sind in aufsteigender Reihenfolge: Languedoc AOC, Grands Vins du Languedoc, Grands Crus du Languedoc.

Grundlagen der drei Kategorien sind sowohl qualitative als auch wirtschaftliche Kriterien, so beispielsweise Herkunft (zugelassene AOCs), Ertragsbegrenzung, Weinstil, Mindestverkaufspreis und Vertriebskanal. Außerdem muss ein Wein bestimmte Charakteristiken erfüllen und - oberhalb der Languedoc AOC - ein festgelegtes Aufnahmeverfahren durchlaufen, um in die entsprechende Kategorie eingeordnet zu werden. “Gegenwärtig ist die Preisgestaltung der Languedoc-Weine nicht sinnvoll”, erläutert CIVL-Präsident Frédéric Jeanjean. “Die Languedoc-AOC-Weine sollen die Basis der Pyramide bilden, sind jedoch teurer als Appellationen wie Corbières und Minervois, die theoretisch die mittlere Stufe darstellen.” Daher sei eine Neustrukturierung des Angebots erforderlich.

 

© CIVL

Die Kategorien der Qualitätspyramide

Die erste Qualitätsstufe Languedoc AOC umfasst etwa 30 Prozent der Weinproduktion der Region. Sie steht für leicht zugängliche Weine, die für sofortigen Konsum gedacht sind und einen hohen Wiedererkennungsfaktor haben sollen. Als Aufgabe der Kategorie definiert der CIVL, “eine Brücke zu schlagen zwischen dem Begriff Rebsorten, die für Landweine stehen, und den typischen Merkmalen der Terroirs als Daseinsberechtigung der AOC.” Die wichtigsten Rebsorten für Rot- und Rosé-Weine der Languedoc AOC sind Grenache, Syrah, Mourvèdre, Cinsault und Carignan, für Weißweine Grenache Blanc, Clairette, Bourboulenc, Viognier, Piquepoul Blanc, Marsanne, Roussanne, Rolle und Ugni Blanc. Maximal sind Erträge von 50 hl/ha bei Rot- und Roséweinen sowie von 60 hl/ha bei Weißweinen zulässig. Der Vertrieb erfolgt mindestens über den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zu einem Endverbraucherpreis von nicht weniger als drei Euro pro Flasche. Die ökonomischen Ziele der Languedoc AOC sind laut CIVL eine stabilere Preisbasis für Weinerzeuger und Händler, für Produzenten eine bessere Rentabilität ihrer Arbeit und mittelfristig die Vermarktung von 80 bis 100 Millionen Flaschen pro Jahr weltweit.

Auf die zweite Qualitätsstufe Grands Vins du Languedoc entfallen etwa 60 Prozent der in der Region erzeugten Weinmenge. Dabei soll es sich um strukturierte und aromatische Gewächse handeln, die typisch für ihr Terroir sind und aus 22 festgelegten AOCs stammen dürfen. Diese sind im einzelnen: Cabardès, Clairette du Languedoc, Corbières, Faugères, Limoux rouge, Malepère, Minervois und Saint-Chinian; hinzu kommen die Limoux-Schaumweine sowie die natürlichen Süßweine der Muscat AOCs. Darüber hinaus ist ein Teil der früheren Appellation Coteaux du Languedoc zugelassen, nämlich die Cru-Lagen Cabrières, La Méjanelle, Le Quatourze, Montpeyroux, Picpoul de Pinet, Saint-Christol, Saint-Drézery, Saint-Georges d’Orques und Sommières. Die maximale Ertragsmenge beträgt 48 bis 50 hl/ha. Vertrieben werden die Weine über den LEH und den Fachhandel zu einem Endverbraucherpreis von mindestens vier Euro pro Flasche. Stillweine der Kategorie Grands Vins du Languedoc können auf die Kategorie Languedoc AOC herabgestuft werden.

An der Spitze der Pyramide stehen als dritte Qualitätsstufe die Grands Crus du Languedoc, die etwa zehn Prozent der Weinproduktion der Region ausmachen. Diese möglichst ausdrucksstarken Terroirweine haben - so die Vorgabe - Seltenheitswert und tragen die Handschrift des Erzeugers. Die Winzer müssen sich schriftlich verpflichten, innerhalb von zwei Jahren spezielle Kriterien zu erfüllen: Weißweine müssen mindestens sechs Monate, Rotweine mindestens zwölf Monate ausgebaut werden, und nach der Abfüllung, die im Produktionsgebiet erfolgen muss, ist eine sensorische Prüfung vorgeschrieben. Mindestens 70 Prozent der Produktion müssen direkt ab Weingut verkauft werden; der Flaschenpreis ab Keller darf fünf Euro nicht unterschreiten. Für diese Kategorie sind die AOCs Corbières-Boutenac, Grés de Montpellier, Limoux blanc, Minervois La Livinière, Saint-Chinian Berlou und Saint-Chinian Roquebrun sowie die Cru-Lagen La Clape, Pèzenas, Pic Saint Loup und Terrasses du Larzac zugelassen. Die maximalen Erträge liegen bei 45 hl/ha für Rotweine und 50 hl/ha für Weißweine. Als Vertriebswege sind Fachhandel und Gastronomie vorgesehen, der Endverbraucherpreis muss sich mindestens zwischen sieben und zehn Euro pro Flasche bewegen.

 

© CIVL / Céline & Gilles Deschamps

Winzer können selbst entscheiden

In welche der drei Kategorien ein Wein eingestuft wird, können die Erzeuger selbst entscheiden, sofern das Herkunftsgebiet des betreffenden Weins von der Selbstverwaltung der Appellation für die entsprechende Kategorie anerkannt ist. Die Selbstverwaltung (ODG - Organisme de Défense et de Gestion) stellt sicher, dass die Pflichtenhefte für die Weinerzeugung in ihrem Gebiet eingehalten werden, und ist zudem für die Produktkontrollen zuständig. Die Kategorien Grands Vins du Languedoc und Grands Crus du Languedoc müssen überdies besondere technische und wirtschaftliche Anforderungen erfüllen, die etwa den Ertrag im Weinberg, das Produktionsvolumen, den Ort der Abfüllung, die Anzahl der Erzeuger oder den Endverbraucherpreis betreffen.

Der CIVL ist sich bewusst, dass die Einführung und Umsetzung der Qualitätspyramide einen erheblichen Aufwand für die Winzer mit sich bringt. “Das erfordert einen erheblichen regionalen wirtschaftlichen Einsatz und bedeutet eine neue Herausforderung für Unternehmen und Erzeuger von Languedoc-AOC”, so der Verband auf seiner Internetseite. Er ist jedoch davon überzeugt, dass durch die neue, “einfachere und leichter verständliche” Struktur das Marketing für die Languedoc-Weine deutlich gefördert und so der internationale Absatz gesteigert wird. Dabei sollen die Grands Crus du Languedoc mit besonderem Fokus vermarktet werden, um die darunter liegenden Qualitätsstufen mitzuziehen. “Diese Klassifikation wird die Zukunft des Languedoc für die nächsten 15 Jahre prägen”, prognostiziert CIVL-Präsident Jeanjean.

 

© CIVL / Céline & Gilles Deschamps

Unterstützung von ODGs und Kellereien

Die AOC-Selbstverwaltungen sehen die neue Klassifikation gleichfalls positiv. “Diese Einteilung hat Sinn. Sie positioniert unsere Terroirs in intelligenter Weise und hilft den Konsumenten, sie zu verstehen”, urteilt Xavier de Volontat, Präsident der ODG Corbières. Auch Jean-Benoît Cavalier, Präsident der ODG Languedoc AOC, betont den Nutzen der Pyramide: “Die neue Struktur wird den Verbrauchern helfen, zwischen den Rebsortenweinen Vins du Pays d’Oc IGP und den terroirorientierten Languedoc-AOC-Weinen zu unterscheiden.”

Ebenso begrüßen zahlreiche namhafte Weinproduzenten die Neuerungen. “Mit diesem Projekt wird alles dafür vorbereitet, dass der Begriff Languedoc wieder ins Bewusstsein der Konsumenten zurückkehrt”, sagt Christophe Palmowski, Marketingdirektor bei Vignerons Catalans, mit Blick auf die Positionierung der Languedoc AOC. Winzer Gérard Bertrand unterstreicht die Differenzierung innerhalb des neuen Systems: “Eine Hierarchie der Languedoc-Appellationen zu schaffen, ist ein absolutes Muss. Wir müssen jeden einzelnen Teil in unserem Angebot hervorheben.”

 

© CIVL / Céline & Gilles Deschamps

Hochwertige Weine auch außerhalb der Appellationen

Doch nicht alle Winzer können, dürfen oder wollen die neue Klassifikation in Anspruch nehmen. Für die AOCs sind jeweils nur bestimmte Rebsorten zugelassen und auch ihr Mengenverhältnis in einer Assemblage ist oft reglementiert. Weine, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, dürfen nicht unter der entsprechenden AOC-Bezeichnung, die wiederum für die Einordnung in die Qualitätspyramide maßgeblich ist, vermarktet werden.

Ein Beispiel ist “La Diva” vom Weingut Mas des Dames in Murviel-lès-Béziers. Neben 50 Prozent Syrah und 35 Prozent Grenache enthält die Cuvée auch 15 Prozent Alicante von sehr alten Rebstöcken. Da Alicante im erlaubten Rebsortenspiegel der Languedoc AOC nicht vorkommt, ist “La Diva”, obwohl Spitzenprodukt von Mas des Dames, lediglich als Landwein, als Vin de Pays Coteaux de Murviel klassifiziert. Aus ähnlichen Gründen vermarktet das renommierte Weingut Mas de Daumas Gassac, das als “Château Lafite du Languedoc” gilt, seine Gewächse als Vin de Pays de l’Hérault - spielt jedoch auf seiner Internetseite durchaus mit Begriffen wie grand cru und grand vin.

Insofern ist es möglich, auch außerhalb der Appellationen und der vom CIVL geschaffenen Qualitätskategorien qualitativ hochwertige Weine zu erzeugen. Nach Angaben der Winzerinnengemeinschaft Vinifilles nehmen viele Erzeuger die Grands-Crus-Kategorie gar nicht in Anspruch, sondern produzieren auch als Languedoc AOC hervorragende Weine. Vinifilles-Mitglied Lidewij van Wilgen von Mas des Dames beklagt darüber hinaus eine gewisse Standardisierung, die mit den neuen Regelungen einher gehe. Die Winzerin berichtet, der CIVL zahle Prämien für die Rodung von alten Rebflächen, auf denen dann neue Anlagen mit innerhalb des neuen Systems zugelassenen Rebsorten gepflanzt würden.

 

© CIVL / Céline & Gilles Deschamps

Kritik von Winzerseite

“Inzwischen gibt es vor allem bei kreativen und qualitätsorientierten Winzern in ganz Frankreich hunderte von Beispielen dafür, dass auch ein Heil außerhalb der Appellationen existiert. Viele dieser Weine werden von den Weinliebhabern unter den Verbrauchern schon lange als große Weine eingestuft”, bestätigt Winzerin Iris Rutz-Rudel von der Domaine Lisson. Ihr Betrieb in Olargues ist keiner Appellation angegliedert. “Ich habe meine Weine seit der Gründung unseres kleines Weinbergs als Tafelweine vermarktet, da die Rebsorten nicht der nächstliegenden AOC Saint-Chinian entsprachen”, erklärt Rutz-Rudel. Mit maximal 15 hl/ha liegt der Ertrag ihrer Weine sogar deutlich unter den Vorgaben für die Kategorie Grands Crus du Languedoc.

Die Winzerin sieht sich von der neuen Klassifikation der Languedoc-Weine selbst nicht betroffen, tauscht sich jedoch mit anderen Winzern der Region aus und hat eine klare Position: “Ich glaube wie viele meiner Kollegen nicht, dass die neue Stufenregelung Vorteile bringt, da bereits das ausufernde AOC-System die meisten Verbraucher in Frankreich und erst recht im Ausland eher verwirrt.” In den Medien und Weinforen seien “allerdings interessante Diskussionen darüber ausgebrochen”, ob man mit dem Languedoc überhaupt das Konzept von Grands Crus verbindet. “Natürlich kommt immer dabei heraus, dass es große Weine von besonders herausragenden Winzern in guten Lagen - und davon gibt es im Languedoc, das ja eines des geologisch und klimatisch vielfältigsten Gebiete Frankreichs ist, etliche - schon länger gibt und auch immer häufiger geben wird. Nur wenige Winzer sind aber davon überzeugt, dass diese Namensänderung nach Bordeaux- und Burgundervorbild sinnvoll ist”, so Rutz-Rudel.

Als besondere Schwächen betrachtet sie die “schematische Preiseinteilung und die laschen sonstigen Kriterien, die keine qualitative Verbesserung des schon bestehenden AOC-Systems bringen”. Die Vorgabe von Preisklassen für die einzelnen Qualitätsstufen der Pyramide, die dem CIVL besonders wichtig ist, beurteilt Rutz-Rudel kritisch, denn dadurch werde “das Ganze wohl wieder als lächerlicher Marketingversuch für Supermärkte diskreditiert. Grands Crus für zehn Euro - das klingt doch sehr nach ‘Bordeaux für Arme’. Wir verkaufen unseren Tafelwein seit Jahren in der Preisklasse von 20 bis 25 Euro pro Flasche, was durchaus keine Ausnahme ist.” Inzwischen werden die Weine gemäß der seit 2009 gültigen Regelung für Tafelweine als Vin de France deklariert.

 

© CIVL / Céline & Gilles Deschamps

Diskussion um Grands Crus

An der Diskussion um die Grands Crus im Languedoc beteiligen sich auch Winzer Ryan O‘Connell von der Domaine O’Vineyards in Villemoustaussou und die britische Weinkritikerin Jancis Robinson. O’Connell sieht ebenfalls Defizite im neuen System, das offenbar versuche, die Produktionsmenge von Qualitätswein über den Absatz zu limitieren, “obwohl das eigentlich eine Funktion des Ertrags und der Größe der Rebflächen sein sollte.” Er produziert unter anderem Cabardès-AOC-Weine und nimmt den CIVL hauptsächlich als eine Institution wahr, die von ihm Gebühren einnehme, ihn aber noch nicht einmal zu ihrer Hauptversammlung einlade.

Dass das Languedoc über Grands Crus verfüge, bejaht O’Connell mit Nachdruck: “Wir verdienen Grands Crus genauso wie Bordeaux, wenn nicht noch mehr.” Er hinterfragt jedoch, inwieweit das neue Konzept zeitgemäß sei: “Während große Teile der Welt sich über die Komplexität, Willkürlichkeit und Überalterung des Grand-Cru-Systems in anderen Regionen Frankreichs beschweren, etablieren wir eine Langfristplanung, um es in unseren Weinverkauf zu integrieren. Wir sind 200 Jahre zu spät.” Doch O’Connell erkennt auch Vorteile der CIVL-Initiative: “Wir können unser Selbstwertgefühl in der Region ernsthaft steigern. Das Languedoc ist großartig. Und wir haben Grands Crus!” Jancis Robinson bemängelt, die Pyramide sei ein “künstliches” und “theoretisches” Konstrukt, und die für die Kategorie Grands Crus du Languedoc zugelassenen Appellationen und Lagen seien willkürlich gewählt. Sie wirft dem CIVL vor, er strebe die Preiskontrolle für die Weine in den drei Stufen der Hierarchie an.

CIVL-Präsident Frédéric Jeanjean lässt keinen Zweifel daran, dass das neue Qualitätssystem den Weinbau im Languedoc profitabler machen soll. Es geht eindeutig um wirtschaftliche Dimensionen, um Marketing und um Rentabilität. Inwieweit die Klassifikation diesen Anspruch erfüllen und davon abgesehen die Qualität der Weine weiter fördern wird, bleibt abzuwarten. Ende Juni 2011 wird eine erste Bilanz zur Entwicklung der AOC Languedoc gezogen.

Zum deutschsprachigen Internetauftritt des CIVL

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