Europäische Kulturgeschichte, Geisteswissenschaften und
Wein - es ist ein reichlich weites Feld, das der Autor beackert. Der Mediziner, Weinhändler und
Winzer Dr. Peter Hilgard versucht in seinem Buch „Sage mir, welchen
Wein Du trinkst
” eine „Soziologie der Weintrinker” zu entwerfen. Damit nicht genug: Er will die „Die neue Gesellschaft der Weintrinker im Spiegel der Kulturgeschichte” ergründen.
Hilgard hat sich also viel vorgenommen - und scheitert. Denn ein inhaltlicher roter Faden durch das gewaltige Thema ist schwer erkennbar. „Wie hat die
Weinkultur eigentlich angefangen? Vergorenen
Traubensaft hat unsere Spezies, der Mensch, schon in grauer Vorzeit als Getränk dem
Wasser vorgezogen.” Solche Sätze sind weder unterhaltsam noch wissenschaftlich; und die Häufung von Unkonkretismen wie „möglicherweise”, „wohl” und „vermutlich” zeigen, dass Hilgard in seinem Werk vor allem eigene Gedankenentwürfe zu Papier bringt, die trotz ordnender Kapitel vieles anreißen und wenig zu Ende bringen. Es geht darin um nicht weniger als um
Wein und die Frauen, Gesundheitsprobleme,
Globalisierung,
Terroir, Volksglauben, Kommerz, Eros und die Zukunft.
Im Galopp durch Literatur und SoziologieIm Schweinsgalopp geht’s durch die Jahrhunderte und Quellen, dass dem Leser ein wenig schwindlig wird: Wein-Zitate aus dem
Gilgamesch-Epos und dem mittelalterlichen „Laienspiegel”, von
Goethe, Wilhelm
Busch, von Proust und Shakespeare. Der französische Soziologe Pierre Bourdieu hat einen kurzen Auftritt, ebenso die „Lysistrata” von Aristophanes. Die berühmten „Sudelbücher” des Schriftstellers und Aufklärers Johann Christoph
Lichtenberg geben einige intelligente
Aphorismen zum Thema her; und selbst Sigmund Freuds Theorie der „Sublimation” und der Milieustudien-Ansatz des Marktforschungsinstituts Sinus erhalten Raum.
Die Erkenntnis bleibt dürftig
Doch was ist These, was ist Beleg? Welchem Strang folgt der Gedanke, was sind seine Voraussetzungen? Am Ende bleibt die Erkenntnis des Sammelsuriums dürftig: Nach 114 Seiten endet etwa das Kapitel über „Weinglobalisierung oder Terroir” mit dem Satz: „Sage mir, welchen
Wein du trinkst, und ich sage Dir wer Du bist - dies ist nicht nur eine Abwandlung des berühmten Satzes von Brillat-Savarin und der Titel des Buches, sondern wohl auch ein wichtiger Grundsatz der Weintrinker-Soziologie.” Nun denn. So hat Dr. Peter Hilgard zwar in wohl formulierten
Sätzen hin und wieder interessante Gedankenansätze zu Papier gebracht, sich mit der Größe und Tiefe des Themas aber arg verhoben. Ein Satz des berühmten französischen Chemikers
Louis Pasteur mag ihn trösten: „Es steckt mehr
Philosophie in einer
Flasche Wein als in allen Büchern dieser Welt.”
Dieses Buch bei AmazonDr. Peter Hilgard: Sage mir, welchen Wein Du trinkst
Die neue Gesellschaft der Weintrinker, im Spiegel der Kulturgeschichte, Kornmayer Verlag, 156 Seiten, 14,95 , ISBN-10: 3938173343