wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Mit einem kleinen schwarzen Buch, immerhin zweieinhalb Zentimeter dick, aber nur knapp zwanzig hoch und zehneinhalb breit, betrete ich den Tasting Room der „Avontuur Estate“ in Stellenbosch. „Ohhh, mit der Bibel unter dem Arm!“, so werde ich empfangen und entsprechend wohl auch eingeschätzt. Den Platz von Robert Parker im Bordelais nimmt John Platter in Südafrika ein. Er ist dort der Weinpapst. Seine Meinung – noch besser: die Meinung seines Degustationsteams – beeinflusst den Marktwert südafrikanischer Weine. Immerhin sind es rund 20 Leute, welche für Platter jedes Jahr testen.

Der Weinführer Südafrikas: Platter’s Weine erscheint jährlich seit 30 Jahren

Seit Wochen sind wir jetzt unterwegs. Ich kann mich nicht auf jeden Besuch von Weingütern so vorbereiten, wie ich das sonst gerne tue. Also schlage ich bei Platter’s nach. Ähnlich wie beim „Kleinen Johnson“ wird auch hier mit Sternen bewertet. Immerhin gibt es im neusten Weinführer von Platter neununddreißig Weine mit fünf Sternen, die Stars also. Ich habe mir wenigstens ihre Namen notiert. Eigentlich möchte ich sie alle aufsuchen, überall die ganze Palette von Weinen – also nicht nur den Star des Weingutes – verkosten, um einen Eindruck zu erhalten, was südafrikanische Weine sind oder sein können. Natürlich schaffe ich dies nicht. Ich bleibe, wie so oft, stecken, im Verlangen eine Weingegend kennen zu lernen, bleibe hängen beim einen oder andern Wein; verstricke mich in Gespräche oder verliere mich – noch weit häufiger – im einen oder andere Motiv der Kamera.

Präsentation der Weine auf Avontuur Estate

Die Frage ist berechtigt: Warum gerade Avontuur Estate? Es ist ein bekanntes Weingut; unter den knapp 600 Weingütern Südafrikas aber weitaus nicht das bekannteste und beste. Es ist einfach so, dass wir uns einer professionellen Weinführung anvertraut haben, in der Zeit, in der wir nicht mit dem eigenen Auto unterwegs sind. Es ist auch interessant, was das „Weintouristen“-Geschäft auswählt und anbietet. Gute Weingüter sicher, immer aber ist zusätzlich etwas dabei, was besonders auffällig ist. Ein besonders gutes Restaurant, eindrucksvolle Architektur, ein wunderbarer Park oder ganz spezielle Weine.

Auf Avontuur ist es die Zucht von Rennpferden. „Dominion Royale“ war eines der berühmten aus der Zucht, heute ist es ein preisgekrönter Wein, ein Shiraz, den wir leider nicht verkosten können. Dafür aber den „Baccarat“ 2005, ein Wein nach dem „klassischen“ Bordeaux-Muster (sofern es so etwas gibt: jedenfalls Cabernet Sauvignon, Merlot und Barrique). Ohne Platter’s Hilfe wären wir hilflos, denn angepriesen wird – wie überall bei diesen Touristentouren – was gefällig und geläufig und etwas außergewöhnlich ist: hier sind es die Weinnamen, die alle nach Rennpferden des eigenen Stalls benannt sind. Gute Weine eben und schnelle Pferde.

Rebberge und Pferdeweiden von Avontuur Estate am Fuße des Helderbergs

Wir erproben den Weinführer auch auf den eigenen Entdeckungsfahrten. In Franschhoek – etwas abgelegen von der Durchgangsstrasse, liegt Boekenhoutskloof, eines der ältesten Weingüter im „Tal der Hugenotten“ und eines der vielen Insider-Tips; Weingüter, die längst keine Insider mehr sind. Mit dem „Chocolate Block“ hat es einen Trend gesetzt, mit dem „Stachelschwein-Wein“ (Porcupine Ridge) Aufsehen erregt und mit der Boekenhoutskloof-Line misst es sich auf dem internationalen Parkett. Der Cabernet Sauvignon 2007 – es sind alles gut alternde Weine – hat von Platter fünf Sterne erhalten, und – so sagt man uns – gäbe es hier den besten Shiraz Südafrikas. Dass vier andere Weingüter (Dunstone, Haskel, Rustenberg, Saxenburg) nach Platter noch die besseren Shiraz machen, tut nichts zur Sache, es gehört zum Spiel der Weinbewertung. Natürlich müssen wir da hin!.

Abgelegen% schon fast etwas versteckt% liegt das Weingut Boekenhoutskloof in Franschhoek

Auf dem Weg zum abgelegenen Weingut fahren wir an der Tafel „Stony Brook“ vorbei. Eigentlich bleiben solche Hinweise von uns unbeachtet, denn es gibt zu viele Empfehlungen, zu viele Weingüter, die man auf einer Südafrika-Reise unbedingt aufsuchen müsste. Und wieder ist es John Platter, der uns einen diskreten Hinweis gibt. Neun Weinen von „Stony Brook“ verleiht er vier und mehr Sterne, braucht eine ganze Seite um die Weine dieses doch eher kleineren Weinguts (14 ha) zu erfassen. Es ist früher Abend, die Sonne färbt die Landschaft rot, da treten wir unangemeldet ein bei „Stony Brook“. Wir sind die einzigen Gäste, während sich im nahe gelegenen „Boekenhoutskloof“ die Besucher um die letzten Sonnenplätze streiten. Wir werden nicht überschwenglich, aber herzlich empfangen. Es soll die ruhigste und genussvollste Degustation auf einem südafrikanischen Weingut werden.

Stimmungsvolle Weinprobe auf Stony Brook in Franschhoek

Der Syrah ist mindestens so gut wie jener von „Boekenhoutskloof“ und „Avontuur“ und der „Max“ (wiederum ein Bordeaux-Blend) besser als all das, was ich zuvor degustiert habe. Den „Ghost Gun“ gibt es nicht zum Testen, den sparen wir auf, für einen der Abschiedsabende. Er hat es verdient und ist – auch jetzt, da unsere Weintour längst zu Ende ist – zum Inbegriff südafrikanischer Spitzenweine geworden.

Für einmal wird mir bewusst, welche Bedeutung ein Weinführer haben kann, für Menschen, die eine Weingegend, ein Land und seine Weingüter erkunden möchten. Blatter, er heisst nicht John, sondern Sepp und ist FIFA-Präsiden, hat die Fußballweltmeisterschaft zum ersten Mal nach Afrika gebracht. Ein versöhnliches Großereignis in einem Land, das sich lange Zeit ausgegrenzt hat. Blatter ist nicht nur mir Schweizer ein Begriff. Ein Buchstabe hat sich aber verändert, ist stärker geworden. Aus B wird P.

Blick von der Terrasse des Weinguts Stony Brook in die Berge und Rebberge

Platter hat mich eingeführt in die Welt des afrikanischen Weins. Ich hoffe, dass die Erinnerung an die vielen Fußballstunden der Weltmeisterschaft weiterleben, jetzt aber begleitet vom (B>P)latter und den guten Weinen die aus den rund 100000 ha Reben doch Jahr für Jahr – nicht nur alle vier Jahre wie die Fußball-Weltmeisterschaft – gekeltert werden.

Herzlich

Ihr/Euer

Mehr verwandte Stories

Alle anzeigen
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER