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Wenn man im Land des Gavi ankommt - oder besser noch: wenn man zurückkehrt - nimmt man einen „Geist des Ortes” war, der aus diesem Territorium etwas Einzigartiges macht und ihn von anderen bekannten Weingegenden im südlichen Piemont wie den Langhe und dem Monferrato (an das es angrenzt) unterscheidet.

 

 

 

Die Kleinstadt Gavi mit der imposanten Festung Forte di Gavi im Hintergund% Foto: Consorzio di Tutela del Gavi

 


Die Ästhetik der Natur im Land hinter den Bergen

Es ist schwierig, diesen Geist zu definieren. Es handelt sich um ein besonderes Licht, eine Helligkeit, die mit den Brisen aus den Bergen im Süden weht und den Nebeldunst nach Norden in Richtung Poebene schiebt. Das Meer sieht man hier nicht, doch kann man es fast fühlen, denn es befindet sich nur etwas mehr als dreißig Kilometer Luftlinie entfernt. Dazwischen liegt das Apenningebirge, und der kleine Wildbach Lemme gleitet hellblau zwischen den Klippen aus weißem Mergel dahin. Es gibt ausgedehnte Wälder mit einheimischen Pflanzen wie der Eiche und der Hainbuche (Carpinus betulus), die hier sogar der amerikanischen Robinie Paroli bieten, die anderswo unaufhaltsam vorgerückt ist und das Territorium besetzt. Die Gegend ist dank der reichen Fauna und Flora besonders bei Naturfreunden beliebt. In den Wäldern kann man im Sommer ein herrlich frisches Klima genießen und im Winter verhüllt der Schnee das Land oft mit einem weißen Kleid, was in den meisten anderen Teilen des Piemonts zu einem raren Ereignis geworden ist.

Die Temperaturausschläge im Sommer zwischen Tag und Nacht sind enorm. Der Weinberge sind meistens jung und gut gepflegt, auch unter ästhetischem Anspruch, weil die Betriebe des Gavi - mehr als andere - um die Integrität der Landschaft bemüht sind und dies auch demonstrieren.

 

Zwischen den Weinbergen und Wäldern ragen antike Häuser und herrliche Landsitze hervor. Nicht zu prunkvoll und in gediegenen Ausmaßen, elegant und perfekt in die Landschaft eingefügt. Man scheint in ein Reich einer erleuchteten Aristokratie einzutreten, die im Boden nicht nur eine Resource zum Ausbeuten sieht, sondern auch ein Erbe, dass es zu schützen und in der Zeit zu bewahren gilt, und die dieses Erbe sogar als Quelle für den Zeitvertreib beleben mit Jagden, Spaziergängen, Reiten… Verstehen wir uns richtig, Gavi ist nicht nur das und vielleicht ist es auch nicht mehr als das, aber dies ist der Eindruck, den es zuweilen vermittelt und es ist kein unangenehmer. Man kann dem auch historisch auf die Spur kommen. In Gavi und in den angrenzenden Gebieten errichteten die Genueser Kaufmannsleute seit den Zeiten der Republik von Genua mit ihren Einkünften aus dem Handel in der Gießereihauptstadt hier ihre noblen Landsitze. Gavi wurde also für Genua, das ein bergiges Hinterland hat, so etwas wie die Riviera von Brenta mit ihren berühmten Palladium-Villen für Venedig. Und unter dem Schutz einer der Zugangsstraßen, die von der Poebene ans Meer führt, errichteten die Genueser in Gavi eine beeindruckende Festung, die heute noch immer gut erhalten ist. Und der typisch ligurische Tonfall überlappt sich hier mit dem der Einwohner von Gavi zu einem „Grenzdialekt”, der aber etwas mehr vom Piemontesischen hat.


Cortese - Weiß schlägt Rot

Die Rebsorte des Gavi: Cortese% Foto: Consorzio di Tutela del Gavi

Den Gavi-Wein erhält man ausschließlich aus nur einer autochthonen Rebsorte, dem Cortese. Dem Wort „Cortese” begegnet man zum ersten Mal in einem Brief des Verwalters der Burg Montaldeo an den Markgrafen Doria im Jahre 1659. Bis dahin und für lange Zeit danach bestanden die Rebflächen noch eher aus roten Sorten, wie Nibiö (lokaler Name für Dolcetto) oder Barbera. Cortese war, zusammen mit anderen weißen Trauben, nur in geringem Umfang präsent. Die ersten auf Cortese spezialisierten Anlagen großen Ausmaßes gingen ab 1856 auf den Landsitzen im Eigentum des Markgrafen Cambiaso, La Centuriona und La Toledana von Gavi in Produktion.

Im Jahre 1869 definieren Demaria und Leardi, zwei Gelehrte der ampelografischen Kommission, die von der Provinz Alessandria ins Leben gerufen wurde, den Cortese als „einheimische, robuste und fruchtbare Rebsorte, die im Gebiet seit langer Zeit bekannt und kultiviert wird”.

Im 19. Jahrhundert entstanden wichtige Weinbaubetriebe im Familienbesitz der Raggio, Serra, Sartorio und Spinola. Sie begleiteten den Aufstieg des Cortese als Wein von internationalem Format und gleichzeitig das Ende eines Großteils der alten Rebflächen mit roten Sorten. Der Cortese-Anbau weitet sich noch weiter am Ende des Jahrhunderts aus, nachdem er die Bedrohung durch die Reblaus überstanden hatte. Man pflanzt die Reben neu und dehnt gleichzeitig die Anbauflächen aus, um der steigenden Nachfrage nach Weißwein in der nahen Region Ligurien zu entsprechen. Im 20. Jahrhundert war der Erfolg des „Cortese di Gavi” wechselhaft. Er wurde in der Hochzeit der typisch aromatisierten Weine aus dem Piemont - von den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts bis nach dem zweiten Weltkrieg - vor allem als Basiswein für Wermut nachgefragt. In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts verdankt man vor allem der Familie Soldati und dem Betrieb „La Scolca” die Aufwertung des Gavi. Die heutige Produktionsrealität ist sehr unterschiedlich, es gibt große Weinkeller, mittlere und kleine, und in allen Kategorien ist es möglich, exzellente Produkte zu finden.

 

 

Weingarten mit Cortese% Foto: La Scolca


Die Geschütze Ursprungsbezeichnung (Denominazione di Origine Controllata - DOC) stammt aus dem Jahre 1974, mit den Namen „Gavi” oder „Cortese di Gavi”. Mit der Zeit ist der Name der Rebsorte verschwunden. Seit 1993 operiert das Consorzio di Tutela del Gavi (www-consorziogavi.com) und im Jahre 1998 kamen die Weihen der DOCG (Denominazione di Origine Controllata e Garantita).


Von einem frischen, leichten Wein zum „Vin de garde”

Die letzten zwei Jahrzehnte haben das Image dieses Weins teilweise verändert oder wenigstens haben sie es auf unterschiedliche Weine aufgespalten. Heute ist der Gavi nicht mehr nur als leichter, frischer Weißwein angesehen, der jung getrunken werden muss. Obwohl der Cortese kein großer Zuckerproduzent ist und demzufolge die Weine selten einen hohen Alkoholgehalt besitzen, haben sich durch moderne Weinbau- und Kellertechniken (inklusive einer tendenziell späteren Ernte) die Lager- und Reifekapazitäten dieses Weins enorm verbessert. Wenn der Jungwein duftig ist, mit Noten von weißen Blumen und Zitrusfrüchten, gewinnt er mit der Zeit an Komplexität und bekommt mineralische Anklänge, die gut von einer besonders ausgeprägten Säure gestützt werden. Auch aus diesem Grund eignet er sich gut für die Versektung. Das Spektrum an Düften kann weit sein, aber immer delikat und niemals übertrieben, denn der Gavi ist kein aromatischer Wein, keine „Alkoholbombe”, er ist vielmehr der perfekte „Food Wine” unter den Weißen, hervorragend zu Fisch aber ausgezeichnet auch zu einer Focaccia (Pizzabrot mit Käse), Ravioli mit Käsefüllung, nur leicht gereiftem Käse und vielen anderen Gerichten, zum Beispiel auch einem einfachen Salamibrötchen und der berühmten „Testa in cassetta” aus Gavi, einer Wurst, die aus Teilen des Kalbskopfes hergestellt wird.


Zahlen und Fakten zur Gavi DOCG

 

 

 

 

 

 

DOCG-Anerkennung Durch ein Ministerialdekret vom 9. Juli 1998. Die Region war schon seit dem 26. Juni 1974 als DOC-Region klassifiziert.
Produktionsgebiet

Insgesamt elf Gemeinden: Das gesamte Gebiet der Orte Bosio, Carrosio, Gavi, Parodi Ligure und San Christoforo. Teil von Novi Lingure, Serravalle Scvrivia, Francavilla Bisio, Caprita d´Orba, Pasturana und Tassarolo in der Provinz Alessandria.

zugelassene Rebsorte Cortese
Weinarten

Es werden drei Varianten hergestellt: Stillwein, Frizzante (Perlwein) und SSpumante Schaumwein)

Maxiamalertrag 9,5 t Trauben pro Hektar
Mostausbeute maximal 70 %
Mindestalkoholgehalt

10,5 % Alc. by Vol.

Ertragsfläche (Stand Nov. 2007) 1.224 ha
Flaschenproduktion im Jahr 2006 9.400.000 Flaschen

 

Übersetzung von Katrin Walter

 

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