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Welche Bewertungssysteme für Wein gibt es?
Um einen Wein professionell zu beurteilen, haben sich verschiedene Bewertungssysteme herausgebildet bzw. sind entwickelt worden. Die meisten basieren auf Punkten (je höher, desto besser der Wein), andere auf Symbolen, bei denen allerdings ebenfalls die Menge über die Qualität des Weins Aufschluss gibt.
Beispiele für Symbole sind etwa die Trauben des Weinführers “Gault&Millau” (1-5; volle Schritte schwarz, halbe Schritte rot), die Sterne des Weinführers “Eichelmann” (1-5; volle Schritte ausgefüllt, halbe Schritte nicht ausgefüllt), die Fs der Zeitschrift “Der Feinschmecker” (1-5; volle Schritte ausgefüllt, halbe Schritte nicht ausgefüllt) oder die Gläser des italienischen Weinführers “Gambero Rosso” (1-3).
Bei den Punktesystemen sind am weitesten verbreitet die Bewertungen mit maximal 5, 20 oder 100 Punkten.
Beim 5-Punkte-System – hier am Beispiel der deutschen Qualitätsweinprüfung – gilt die folgende Abstufung:
- Stufe 5 (4,50-5,00 Punkte) – hervorragend
- Stufe 4 (3,50-4,49 Punkte) – sehr gut
- Stufe 3 (2,50-3,49 Punkte) – gut
- Stufe 2 (1,50-2,49 Punkte) – zufriedenstellend
- Stufe 1 (0,50-1,49 Punkte) – nicht zufriedenstellend
- Stufe 0 (0,00-0,49 Punkte) – unbewertbar
Beim 20-Punkte-System liegt die Grenze für einen trinkbaren Wein bei 10 Punkten, beim 100-Punkte-System je nach Kritiker bzw. Medium bei 50 oder auch erst 70 Punkten. So ist beispielsweise der “Wine Advocate” von Robert Parker dafür bekannt, dass er das 100-Punkte-System sehr großzügig einsetzt, während der Weinführer von wein.plus unter Verkostungsleiter Marcus Hofschuster das System deutlich strenger anwendet. In jedem Fall lassen sich Weine mit dem 100-Punkte-System am differenziertesten bewerten.
Folgende Abstufungen und “Übersetzungen” lassen sich vornehmen:
100-Punkte-System wein.plus | Bewertung | Erläuterung | 100-Punkte-System großzügig | 20-Punkte-System |
---|---|---|---|---|
bis 69 | fehlerhaft | Wein mit mehr oder weniger ausgeprägtem Weinfehler | bis 75 | bis 9,9 |
70 bis 74 | annehmbar | neutraler einfacher Wein, fehlerlos, aber mit wenig Substanz und ohne Sortentypizität; unter 3 Euro akzeptabel |
76 bis 79 | 10 bis 11,4 |
75 bis 79 | ordentlich | sauberer, harmonischer, ansprechender Wein mit gewisser Sortentypizität; für bis zu 5 Euro empfehlenswert | 80 bis 84 | 11,5 bis 12,9 |
80 bis 84 | gut | reintöniger, harmonischer Wein mit guter Struktur, Charakter und Stil, echtes Trinkvergnügen; für bis zu 8 Euro ein günstiger Kauf | 85 bis 88 | 13 bis 14,9 |
85 bis 89 | sehr gut | bemerkenswerter Wein mit Persönlichkeit, Ausdruck, Fülle und Finesse sowie gewisser Komplexität und Tiefe, der die Aufmerksamkeit jedes anspruchsvollen Weinliebhabers verdient; für bis zu 15 Euro stets eine Gelegenheit | 89 bis 92 | 15 bis 16,4 |
90 bis 94 | hervorragend | erstklassiger Wein, der zu den besten seiner Art gehört, absolute Reintönigkeit, Harmonie, Balance, Tiefe und Charakter; unter 20 Euro immer ein Schnäppchen, aber auch bis etwa 30 Euro nicht wirklich teuer | 93 bis 95 | 16,5 bis 17,9 |
95 bis 99 | groß | Wein von Weltklasse, dessen Tiefe, Komplexität und Ausdruck ein unvergessliches sinnliches Erlebnis schaffen und der jeden Weinliebhaber völlig in seinen Bann zu ziehen vermag; 40 Euro und mehr wert | 96 bis 100 | 18 bis 19,9 |
100 | einzigartig | Wein, den man nur anders, aber nicht besser machen kann, ein Genusserlebnis ganz besonderer, unvergleichlicher Art | 100 | 20 |
Die einzelnen Bewertungskriterien lassen sich anhand des folgenden Schemas aufschlüsseln, das maximal 20 Punkte ergibt:
Aussehen
Farbe (0-2 Punkte)
0 | unangemessen, fehlerhaft |
1 | angemessen |
2 | ansprechend und ausdrucksstark |
Klarheit (0-2 Punkte)
0 | gebrochen, milchig, trüb |
1 | klar und rein, aber matt und glanzlos |
2 | brillant, glänzend, kristallklar |
Geruch
Reintönigkeit, Intensität und Komplexität der Aromen (0-4 Punkte)
0 | nicht vorhanden, fehlerhaft, schlecht, verdorben |
1 | schwach, diffus, neutral, verhalten |
2 | angemessen, sauber, reintönig |
3 | mustergültig, duftig, fein |
4 | charakteristisch, besonders fein und ausgeprägt |
Geschmack
Reintönigkeit, Frucht, Süße, Säure, ggf. Tannin, Körper, Struktur (0-7 Punkte)
0-1 | kaum vorhanden, leer, dünn, fremd, verdorben |
2-3 | gedeckt, schlank, ausdrucksarm, geradlinig |
4-5 | reintönig, ausdrucksstark |
6 | aromatisch, reichhaltig, gehaltvoll |
7 | charaktervoll, stilistisch überragend, perfekt |
Gesamteindruck
allgemeine Qualität, Typizität, Harmonie, Balance, Finesse, Abgang, Reifezustand (0-5 Punkte)
0-1 | mangelhaft, unharmonisch, atypisch |
2-3 | kurzer Abgang, stimmig |
4 | mittlerer bis langer Abgang, balanciert, typisch, delikat |
5 | lang anhaltend, mustergültig, sehr harmonisch, hochfein, großer Wein |
Bei der Bewertung können auch halbe Punkte vergeben werden. Die Summe der Punkte lässt sich dann auch in das 100-Punkte-System überführen, wobei – wie oben beschrieben – die Stufen 11 bis 20 den Stufen 71 bis 100 entsprechen. Jeder Punkt des 20er-Systems oberhalb von 10 entspricht somit 3 Punkten oberhalb von 70 im 100er-System. Bei 17 Punkten ergibt sich so eine Entsprechung von 91 (70 + 7x3), bei 18 Punkten eine Entsprechung von 94 (70 + 8x3); die Schritte dazwischen machen genau die höhere Differenziertheit des 100-Punkte-Systems aus.
Einige wichtige Hinweise noch zum Abschluss:
- Eine Bewertung in Punkten oder Symbolen trifft zwar eine Aussage über die Qualität des Weins, erklärt diese aber nicht und beschreibt den Wein auch nicht. Daher sind die Bewertung und die sensorische Beschreibung des Weins stets in Kombination miteinander zu betrachten – denn Punkte kann man nicht schmecken.
- Die Qualitätsbeurteilung des Weins sagt nur sehr begrenzt etwas über seinen Genusswert in einer bestimmten Situation aus. Dieser ist auch (und zwar erheblich) vom Umfeld, von der Tageszeit, der Umgebungstemperatur, dem begleiteten Essen, der persönlichen Stimmung und weiteren Faktoren abhängig.
- Auch ein objektiv sehr hochwertiger Wein muss nicht zwingend Genuss bereiten – schon gar nicht, wenn man die individuellen Vorlieben, Empfindlichkeiten und Abneigungen der Menschen bedenkt. Beispielsweise wird ein junger, kraftvoller, tanninreicher Rotwein von sehr hoher Qualität zwar eine hohe Punktzahl erhalten, weil sein Charakter und sein Potenzial mit in die Bewertung einfließen. Freude daran werden aber nur Menschen haben, die kräftige, tanninbetonte Rotweine mögen, und auch das erst, wenn der Wein trinkreif ist.