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Halt auf Verlangen: Rebberge in Paris
Durch verwinkelte Straßen und über romantische Plätze mit klingenden Namen, wie Moulin de la Galette, Place du Tertre, Cortot, Saint Vincent, Rue de Saules.... kurvt ein Kleinbus im Viertelstundentakt durch das legendäre Künstlerviertel Montmartre in Paris. Kurz nach dem Quartiermuseum (Musée de Montmartre) taucht eine Haltestelle auf mit der Bezeichnung „Les Vignes” (Reben oder Rebberge). Tatsächlich gibt es einen kleinen Weinberg auf Montmartre, wohl der letzte in und um die Weltstadt. Er liegt gegenüber dem Geburtshaus des Malers Maurice Utrillo, im Zentrum des noch weitgehend dörflich anmutenden Quartiers. Auf nur 1556 Quadratmetern breiten sich 27 verschiedene Rebarten aus, angeblich sind es alle, die für die französische Weinwelt wichtig  sind. Der exotisch anmutende Weinberg ist für die vielen Touristen zwar einsehbar, doch nicht zugänglich. Was auch verständlich ist, möchte man doch im Herbst - am traditionellen Winzerfest auf Montmartre - den eigenen Wein kredenzen.
 
Clos Montmartre: Rebberg mit 27 Rebsorten

Clos Momartre” ist ein historisches Relikt, zwar erst 1933 von der Gesellschaft „Le Vieux Montmartre”, den Bewahrern der alten Traditionen, neu angelegt. Doch der „Hausberg” von Paris wurde schon zu gallo-römischen Zeiten mit Reben bepflanzt und noch im 17. Jahrhundert waren die meisten Bewohner von Montmartre in den Rebbergen tätig. Erst im 19. Jahrhundert breitete sich die Stadt so stark aus, dass die Rebberge allmählich verschwinden mussten. Um den Wein, der damals hier gekeltert wurde, war es offenbar nicht schade, denn der Volksmund hielt schon damals fest: „C’est du vin de Montmartre. Qui en boit pinte en pisse quarte” (« Dies ist Wein von Montmartre. Wer davon eine « pinte » (ca. 1 Liter)  trinkt, der pinkelt eine „quarte” (67 Liter)”.
 

50-cl-Flasche "Clos Montmartre" zu ca. 40 €
Jedes Jahr findet im Oktober ein Straßenfest statt, wo der Wein des Vorjahres für ca. 40 Euro verkauft wird (50-cl-Flasche!). Allerdings, und dies ist das Besondere: der Wein wird in den Kellern der Mairie (Stadthaus des 18. Arrondissements) gekeltert. Der Erlös fließt vollumfänglich den Sozialeinrichtungen zu und ist deshalb von den Steuern abzusetzen (wenn man in Frankreich wohnt!).
 
Clos Montmartre” ist nicht nur eine romantische Erinnerung an frühere Winzerzeiten, er symbolisiert auch das Künstlerleben auf Montmartre, der Keimstätte des Impressionismus und so mancher weiterer Kunststile. Renoir, Degas, Cézanne, Van Gogh, Seurat, Toulouse-Lautrec…. Sie alle lebten (zumindest zeitweise) auf Montmartre, viele von ihnen sind auf dem Friedhof von Montmartre begraben. Und bei fast allen hat der Wein, der Alkohol, eine wichtige, oft sogar verheerende Rolle gespielt. Künstler-Biografien, die einen direkten Zusammenhang mit Wein aufweisen, gibt es da recht viele. Zum Beispiel Toulouse-Lautrec, der als Bohémien das Pigalle (am Fuße des Montmartre) berühmt gemacht hat. Der aber auch immer mehr dem Alkohol verfiel und auf dem elterlichen Weingut "Malromé" südlich von Bordeaux Tage der Erholung verbrachte, auch dort gestorben ist und auf dem nahen Friedhof begraben liegt.
 
Vor den vielen Touristen gut geschützt

Lautrec ist auch der wichtigste Porträtist von Figuren, die das weinverliebte Künstlerleben auf Montmartre geprägt haben. La Goulue zum Beispiel, die Königin des „Cancan”, und ihr Partner „Valentin”, der im bürgerlichen Leben Weinhändler war. Erst am Abend schlüpfte er jeweils in die Rolle eines Schlangenmenschen, der in den verruchten Cabarets auftrat. Das „Musée de Montmartre”, direkt am Rebberg gelegen, beherbergt viele Zeugnisse der oft tragischen Geschichten von Menschen, die mit dem Wein lebten, daraus vielleicht sogar ihre künstlerische Kraft schöpften, darin aber auch ebenso oft untergingen.
 

Berühmtes Plakat von Toulouse-Lautrec mit Goulue und Valentin
La Goulue provozierte Skandale, verschleuderte später ihr Vermögen, wurde unter anderem Raubtierbändigerin und endete als kleine Verkäuferin von Erdnüssen und Streichhölzern in den Cafés von Montmartre, jeden Tag stockbetrunken. Valentin verschwand plötzlich aus der Szene, niemand weiß mit Sicherheit, was aus ihm geworden ist. Zeitzeugen sagen, er hätte ein Bistro eröffnet, andere behaupten, er sei Arbeiter in einer Aufzugsfabrik geworden.

Nördlich vom „Clos Montmartre” liegt auch das Haus des berühmten Cabaret du „Lapin-Agile”, Treffpunkt und Heimat so vieler Künstler wie Renoir, Verlaine, Courteline, Picasso, Max Jaocob und und und. Wer Lust hat, etwas von der Geschichte und Atmosphäre des „Vieux Montmartre” zu erfahren, der klicke auf www.au-lapin-agile.com. Da taucht in Ton, Wort und Bild das „alte Dorf” mit seiner Weinseligkeit wieder auf, das Leben auf Montmartre, rund um den wiedererstandenen Weinberg, dessen Ertrag die heutige Künstlergemeinschaft von Montmartre, jenen Menschen  zukommen lässt, die jetzt in Elend, Armut und Not auf Montmartre leben, nicht unähnlich jenen großen Künstlern, die heute postum gefeiert und deren Werke hoch bezahlt werden.

Herzlich

 
Ihr/Euer

 
Peter (Züllig)

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