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Wo und wann ich auf Reisen bin, durchstöbere ich alle Reiseführer auf der Suche nach „Wein“, „Reben“, „Weingüter“, „Rebbau“ – im allerschlimmsten Fall, wenn sonst nichts zu finden ist – muss halt „Essen und Trinken“ genügen. Diesmal hatte ich Pech, in Namibia war wirklich nichts zu finden. Im Polyglott nicht, im Baedeker nicht, auch nicht in Dumonts „Richtig Reisen“, aber dann, im Marco Polo der erste Hinweis unter „Essen & Trinken“: „Ein besonderer Genuss sind einige der Weine aus namibischem Anbau.“ Habe ich es mir doch gedacht! Zu lange – 75 Jahre – hat Namibia unter südafrikanischer Herrschaft gestanden. Dies musste auch die Bierseligkeit der 31 Jahre deutscher Kolonialherrschaft beeinflusst haben.

Reben auf dem Kalahari-Farmhouse in Stampried (in der Nähe von Mariental)

Schon auf der Fahrt nach der Hauptstadt Windhoek erkundige ich mich beim Fahrer, der uns am Flughafen abgeholt hat, ob es auch namibische Weine gäbe. „Nicht mehr“, sagt er uns und zeigt uns einen überbauten kleinen Hügel in der Nähe der katholischen Kirche. „Da standen einst Reben. Sie wurden von den Missionaren angebaut. Diese brauchten den Wein als Messwein und noch in viel größerem Maße, um ihren Durst zu stillen!“ Tatsächlich steht heute das schicke Gourmet-Restaurant „Am Weinberg“ da, wo einst Reben standen und wo man einen herrlichen Blick über die Stadt hat.

Ich erinnere mich an meinen Onkel Paul, den Missionar im damaligen Rhodesien (heute Zimbabwe), der mir bei seinen Heimaturlauben erzählte, dass sie auf ihrer Missionsstation nebst Gemüse und Früchten auch Reben angepflanzt haben. Wie der Wein geschmeckt hat, sagte er nicht. Ich fragte ihn auch nicht, denn ich war damals noch fast ein Kind.

Ausgediente Bordeaux-Fässer auf der Lodge dienen als Schmuck-Elemente

Unser Fahrer gab dann auch gleich die erste Weingeschichte zum besten: „Der Wein „vom „Weinberg“ in Windhoek, der „katholische“, soll der bessere gewesen sein, während der andere, der „evangelische“ eher sauer schmeckte. Heute gibt es beide Weine nicht mehr und auch nicht die Reben.

Der Tradition des Weinbaus durch Missionare bin ich auch in China begegnet. Auf dem ältesten Weingut zeigte man uns stolz die Vorfahren des modernen chinesischen Weinbaus, christliche Missionare als Winzer, Gründer des Weinguts „„Dragon Seal“ .in der Nähe von Peking.

Missionare als Weinbauern in China

In Namibia waren christliche Missionare die ersten weißen Siedler. Es waren vor allem Glaubensboten der “Londoner- und der Rheinischen Missionsgesellschaft“, die sich um das Seelenheil der einheimischen Schwarzen bemühten und an verschiedenen Orten farmähnliche Stationen errichteten und sich später wirtschaftlich weißen Farmern aus Deutschland anschlossen. Doch das Klima eignete sich nur im Norden für den Anbau von

Weinkarte im Canyon Roadhouse in Namibia

Gemüsegärten, Weizenfeldern oder gar Reben. Zu extrem waren die Unterschiede: lange Zeit große Trockenheit und Regenmangel, abgelöst von einer heftigen Regenzeit. Als dann einige Jahre später auch katholische Missionare ins Land kamen, da galt es immer wieder – im kleinen Rahmen – Reben anzupflanzen und Wein zu machen.

Wir müssen nur etwas weiter zurückdenken, dann finden wir auch in Europa eine ähnliche Entwicklung. Fast überall, wo Klöster gegründet wurden – vor allem die einst stattlichen Zisterzienserklöster – da wurde auch Wein angebaut (zum Beispiel „Schulpforta“), mit Wein gehandelt und trotz warnender Ordensregel viel Wein getrunken.

Zurück nach Namibia. In den Regalen der Einkaufszentren und natürlich in den Restaurants - vor allem in jenen, die von Touristen besucht werden – gibt es natürlich auch Wein, doch ausschließlich aus Südafrika. Europäische oder gar kalifornische Weine sind nur in Luxus-Hotels und in wenigen „Weingeschäften“ zu finden.

Wein aus Südafrika% wie er in den Raststätten in Namibia für 7 Euro verkauft wird% mit Drehverschluss.

Doch südafrikanische Weine werden überall angeboten, weiße, rote, ja sogar Rosé. Es sind meist einfache Weine von den großen Handelsfirmen und riesigen südafrikanischen Weinfarmen. Die Korkgegner registrieren mit Genugtuung, dass darunter erstaunlich viele Flaschen mit Drehverschlüssen sind Wein wird in Namibia nicht gelagert (es ist auch viel zu heiß), sondern meist sehr jung getrunken.

Auf der Suche nach namibischem Wein habe ich Reben auf einer Wein-Farm südlich von Windhoek, in der Nähe von Mariental, entdeckt. Sie ist heute ein schickes Farmguesthouse, das seine Gäste aber mit südafrikanischen Weinen verwöhnt. Reben sind zwar noch vorhanden, zum Teil in gepflegtem Zustand, doch hauseigenen Wein gibt es auf der Karte nicht. Da es in weiten Gebieten Namibias auch heute noch während langer Zeit an Wasser fehlt, wird Wein wohl eher ein Experiment bleiben und nie zum wirtschaftlichen Faktor werden. Ähnlich wie Gemüse und Salat wird er weiterhin – fast vollständig – aus dem südlichen Nachbarland Südafrika importiert.

Für schwere Weine ist es in Namibia meist ohnehin zu heiß. Leichte Weißweine und Rosés sind gefragt.

Doch „Die Farm Thonningii im Otavi Valley, deren Shiraz – es werden nur 2‘000 Flaschen jährlich abgefüllt – ist jede Reise dorthin wert.“, lese ich in einem der Reiseführer. Nun, das Otavi Valley ist in unserem Reiseplan nicht vorgesehen. Ein Abstecher dorthin bedeutet nicht - wie im alten Europa – einen Umweg von ein paar Kilometern; hier in Namibien sind es rasch einmal ein paar hundert Kilometer Fahrt auf staubigen und holprigen Schotterpisten. Ob ich meine Freunde von der Bedeutung des namibischen Weinbaus überzeugen kann oder ob ich mir die nicht vorgesehene Fahrt überhaupt antun will, wird noch zu entscheiden sein, zumal unsere nächste Station Südafrika ist – und da gibt es Weingüter zu Hauf, die sicher einen Besuch wert sind.

Herzlich

Ihr/Euer

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