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Der Canal du Midi schlängelt sich 240 Kilometer durch das Rebgebiet der Languedoc. Man sieht - über weite Strecken - zwischen den Platanen hindurch nur Reben, nichts als Reben. Man entdeckt aber kaum - oder nur selten - ein Weingut. Und nur ganz wenige „Caves” (Weinkeller) präsentieren am Kanal ihre Weine.

 

Fahrt auf dem Hausboot - vorbei an Reben% Reben% Reben

Im gebrauchten Navigationsbuch von Freunden, das ich benutze, steht handschriftlich der Eintrag: „Luki, Wein holen, 3 Liter Rosé!”. Tatsächlich braucht man in der Regel zumindest ein Fahrrad, um an Wein, oder schon eher ein Auto, um an guten Wein zu kommen.

Gewarnt durch diese Erfahrungen habe ich die Reise auf dem Canal du Midi weinmäßig vorbereitet. In Agde - unserem Ausgangspunkt für die Fahrt kanalaufwärts bis Carcassonne - werden ausgewählte Weine eingeladen. Jeden Tag zumindest ein besonders guter Wein aus der durchquerten oder nächstgelegenen Appellation.

Das Anstoßen mit diesen - meist international bekannten - Languedoc-Weinen gehört nach der Tagesfahrt zum Höhepunkt des gemütlichen, geselligen Abends. Eine Erfahrung - zwar nur im Kopf konstruiert - bewahrheitete sich Tag für Tag. Nach viel Natur, weiter Landschaft, endlosen Rebfeldern und dem Geruch nach modrigem Wasser, Harz, Blütenduft und Wald schmeckt jeder Wein doppelt und dreimal so gut wie zu Hause am Stubentisch. Ich kann dies beschwören, da ich alle diese Weine schon oft und immer wieder zuhause getrunken habe.

 

Gemuetliche Weinrunde am Abend% nach stundenlanger Fahrt durchs Languedoc

Die erste Strecke unserer langen Fahrt, von Agde bis weit über Béziers hinaus, führt durch das AOC-Gebiet Coteaux du Languedoc. Es ist die größte Appellation, nicht zusammenhängend, vielmehr verstreut über ein riesiges Gebiet. Natürlich gibt es auch hier herausragende Weine, doch darin einen bestimmten Charakter zu finden oder gar ein spezielles Terroir, ist unmöglich.

Unsere Weinrunde auf der gemütlichen „Weinfahrt” starten wir deshalb mit einem Faugères, aus einer Appellation, die wir nicht durchfahren, ja nicht einmal sehen können: Faugères liegt etwa 40 km nördlich vom Kanal, auf einer Höhe bis zu 400 m.ü.M. Auf dem Kanal bleiben wir „unten”, dort wo sich die Ebene dem Meeresspiegel nähert.

 

Der Dorfladen auf dem Schiff: Einkauf und Degustation

Faugères: da gibt es sehr viele hervorragende Weine, die auch international bekannt und gefragt sind. Wir öffnen keinen „internationalen”, sondern einen „traditionellen” Faugères, der typisch ist für eine Gegend, in der die Winzer mit einer oft rauen Landschaft, mit viel Trockenheit, Hitze und Wind zu kämpfen haben, mit einem Schieferboden, überdeckt von einer Steinwüste, und wo Ertragsreduzierung auch ein Verdikt der Natur ist. Dies alles spürt man im „Castel Fossibus” von der Domaine Ollier-Taillefer. Tiefe, Kraft, Aromatik (Gewürze, Lakritze, rote Früchte), die typischen Anklänge an Schiste (Schiefer) - eine wunderbare im Wein gebändigte Wildheit, ein herrlicher Kontrast zu unserer ruhigen Fahrt auf dem Kanal.

Nach Béziers - mit seinen Wunderwerken, dem Aquädukt, auf dem wir fahren, und sieben Schleusen hintereinander - nähern wir uns dem nächsten berühmten Weingebiet: St-Chinian. Die Appellation berühren wir nur, doch ihr südlichster (flacher) Teil ist in Sichtweite, vielleicht zwei Kilometer entfernt. Im Norden der Appellation gleichen die Weine jenen von Faugères, im Süden aber dominiert das mediterrane Mikroklima. Wir sind von Mimosen, südlicher Vegetation, ja sogar Orangenbäumen umgeben. Also: unsere Wahl, ein Wein aus dem Süden, wieder ein „Einheimischer”, aus einem Familienbetrieb, seit Generationen: Großvater, Vater, Sohn und Tochter. So die „Tradition” auf der Domaine de Jougla. Hier wird ein - für mich - wohl charaktervollster St-Chinian gekeltert. „Le Grand-Père”, wie man auf dem Weingut sagt: würzig, rassig, blumig, geschmeidiger Körper, und erstmals auf unserer Fahrt ist „garrigue”, das typische Unterholz, im Wein zu erschnüffeln. Ich ziehe diesen „kleinsten” unter den Weinen von Jougla dem weit bekannteren Cuvée Signée vor, auch dem im Hachette gelobten „Viels Arracis”.

 

Eine der spärlichen Einladungen zur Wein-Degustation

Auch südlich von uns liegt ein ganz spezielles Weingebiet, „La Clape”. Es gehört zwar zur Coteaux du Languedoc, doch es hat seinen eigenen Charakter: wild, herb, vulkanisch, dem Wind ausgesetzt, ein kleines Gebirge in unmittelbarer Meeresnähe. La Clape liegt etwa 15 km südlich des Kanals, doch der Bergzug ist gut zu erkennen. Also: jetzt kommt der typische Languedoc-Stil (mit eigenem Clape-Charakter) auf den Tisch. Ich möchte die Felsen, das Meer spüren. „La Falaise” vom Châteaux de la Négly. Falaise bedeutet Felswand, Kliff, Steilküste. Der Wein hat tatsächlich etwas von diesem Charakter, doch eingebettet in ein weiches, feines, frisch duftendes Bouquet, in eine Aromavielfalt, die wohl das ganze Languedoc aufgesogen hat, von den Blumen, Beeren bis hin zu den Garriguefeldern und Steinböden.

 

Vom Schiff aus nicht erreichbar% Minerve am Fuße der "schwarzen Berge"

Endlich dringen wir mit unserem Boot ein in eine der eigenständigsten Appellationen des großen Weingebiets, ins Minervois-la-Livinière. Hier liegt der Kanal bereits 33 m.ü.M. Im Norden sind die Terrassen des Minervois zu sehen, die sich von den schwarzen Bergen bis fast zum Kanal erstrecken. Minerve, das geschichtsträchtige (Katharer) „Felsennest” hoch über dem Fluss Brian, können wir (leider) nicht sehen, es liegt 15 km nördlich. Doch Weinberge sehen wir, Weinberge, Weinberge... Unser Wein: „Fontaine de Cathala” vom Château Gourgazaud, am Fuß des „Schwarzen Berges”: Ein weicher, feiner, feingliedriger Minervois, ein Cabernet, deshalb „nur” ein „Vin de Pays d’Oc” (die Appellation Minervois erlaubt die Rebsorte Cabernet Sauvignon nicht). Vielleicht hätten wir doch zuerst den etwas wilden „Carignanissime” vom Clos Centeilles entkorken sollen, einen „reinen” Carignan, der die Landschaft so treffend charakterisiert. Beide Weine zeigen das große Spektrum der Weine im Minervois: von eigenständig, ungezähmt, speziell, charakteristisch beim Carignan bis hin zum eher verbindlichen, vollen, cassisnahen Cabernet.

 

Ein kühler Rosé am Tag

Wir nähern uns allmählich Carcassonne, bewegen uns über weite Strecken zwischen dem größten und heißesten Weingebiet, der Corbière im Süden und dem Minervois im Norden. Die Corbière begleitet uns lange, fast bis zur Katharer-Stadt Carcassonne.

Zum Abschluss also noch ein Wein aus dieser Gegend, aus „Fitou”, einem kleineren Weingebiet, das mitten in der Corbière (allerdings südlich von uns) liegt. Von der Domaine Bertrand-Bergé kommt die Cuvée „Jean Sirven”, so quasi die Krönung von dem, was uns bisher das Languedoc an guten Weinen geboten hat. Da lasse ich (fast) jeden Bordeaux stehen, da falle ich von einem „Wow” ins nächste. Zwar ganz in Barriques ausgebaut (was ich sonst bei den Languedoc-Weinen nicht sehr schätze), gekeltert aus den ältesten Reben des Gutes: Carignan, Syrah und Grenache. Eine herrliche Nase, ein fast endloser Abgang, neben den Aromen der Languedoc-Weine auch eine Spur von Cassis und Lakritze.

 

Ein großartiger Roter am späten Abend: "Jean Sirven" von Bertrand-Bergé% Fitou

Da, ja da habe ich mich verliebt, wiederverliebt, nicht nur in die Landschaft, die wir so gemächlich durchqueren, sondern auch in die Weine dieser Landschaft. Sicher nicht in alle. Aber in die guten, die besonders guten, die es hier in einer unglaublichen Vielfalt gibt!

Herzlich
Ihr/Euer
Peter (Züllig)

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